Es gibt ja nichts Spannenderes, als Fußballer in Aktion zu sehen. Selbst in der dritten Liga kickt allerdings schon lange kein Amateur mehr. So ist das eben: Spitzenleistungen erfordern Professionalität. Da geht es den Fußballern wie den Journalisten. Warum ich Fußballer mit Reisejournalisten vergleiche?
Wir leben in einer Zeit, in der wir Journalisten das Informationsmonopol verloren haben. Ernsthaft wird darüber diskutiert, ob nicht Bürgerreporter, Blogger, Influencer die neuen Reisejournalisten sind. Und ob Amateure nicht überhaupt vieles besser machen als die klassische „Lügenpresse“. Dass Amateure (wenn sie denn im besten Wortsinn welche sind) vieles gut machen und manches überhaupt erst ermöglichen, sei gar nicht bestritten. Der Breitensport beweist das jedes Wochenende. Und natürlich gibt es auch Menschen, die – durchaus mit hoher Qualität – hobbymäßig Reisetexte, -fotos oder – filme erstellen. Solche Menschen bewundere ich. Unsere Gesellschaft braucht sie. Aber sie kann sich nicht auf sie verlassen. Sie braucht ebenso die kontinuierliche, die zuverlässige und unabhängige Berichterstattung. Wir Journalisten berichten, wir ordnen ein, wir recherchieren und wir legen auch mal den Finger in die Wunde, wenn es denn eine gibt.
Professionalität und passende Plattformen
Das alles kann auf Dauer nicht zufällig, im Ehrenamt und kostenlos funktionieren. Es erfordert Ausbildung und ständige Verbesserung, Kontinuität und Erfahrung – mit einem Wort: Professionalität. Und es braucht die passenden Plattformen, also Medien. Ich will deshalb dafür plädieren, dass wir Journalisten endlich aus der Schockstarre kommen, die sich in den vergangenen Jahren eingestellt hat. Dass es heute auch andere Mitspieler gibt: geschenkt. Schließlich sind wir die wichtigen! Ich werbe dafür, dass wir den Wert des professionellen Reisejournalismus deutlicher herausstellen.
Wie könnte das funktionieren? Zunächst mal: Wir sollten uns nicht kleiner machen, als wir sind. Okay: Reisejournalisten wollen gern reisen. Aber sie sind nicht abhängig von der Reiseindustrie. Da stimmt einfach die Außenwahrnehmung nicht. Ich kenne jedenfalls niemanden, der sein Hauptgeld mit Berichten von Pressereisen verdient. Umgekehrt hätte mancher Player in der Reisebranche ohne Reisejournalismus vermutlich ein Problem.
Angestammte Branchen schrumpfen
Ein Problem haben wir zugegebenermaßen auch: Unsere angestammten Branchen boomen nicht gerade. Genauer gesagt: Sie schrumpfen. Aber auch von einem schrumpfenden Markt kann man vernünftig leben, wenn man es professionell und seriös anstellt. Eine klassische Standardstrategie für solche Situationen ist es, „best practices“ zu suchen, also journalistische Businesses, die erfolgreich sind.
Und wir könnten uns auch überlegen, ob liebgewonnene Formen der Berichterstattung wie der gute alte Reisebericht einer stilistischen Überarbeitung bedürfen.
Denn auch das sollte klar sein: Wir dürfen zwar für unseren Beruf plädieren. Es gibt aber kein Grundrecht auf Pressereise und keins darauf, dass jeder Reisejournalist ein Auskommen findet. Darum, dass uns das auch in der Zukunft gelingt, müssen wir uns schon selbst bemühen. Manche sehen uns in einer Notsituation. Und in der seien auch unkonventionelle Mittel recht, argumentieren sie. Welche? Na ja – z.B. Doping, um in der Fußballersprache zu bleiben. Und vielleicht auch mal das eine oder andere weniger wichtige Spiel absichtlich zu verlieren, wenn dabei persönlich was zu gewinnen ist. Das wird aber nicht funktionieren. Auf die Dauer hilft nur Fair Play.
Ein klares berufsethisches Gesamtkonzept. Ständiges Streben nach Qualität. Und klare Fokussierung auf den Konsumenten. Das alles schafft die Glaubwürdigkeit, die unser wichtigstes Pfund ist.
Klares ethisches Berufskonzept
Müssen übrigens die Blogger, Influencer und all die anderen publizierenden Amateure unsere Gegner sein? Nein, sicher nicht. Einige von ihnen werden den Sprung schaffen und selbst professionelle Reisejournalisten werden. Die anderen haben, wenn sie sich nach ein paar Jahren einem anderen Hobby zuwenden, zumindest unser Metier bereichert.
Amateure, Journalisten und meinetwegen auch „Medienprofis“ (sprich Marketingleute): Ihnen allen sei ein attraktiver Platz im Bereich der Reise und der Medien vergönnt, wenn sie es denn ehrlich und ernst meinen. Genauso wie Fußballprofis und Amateure beide ihren Platz haben. Ohne die Millionen Menschen, die in der C-Klasse oder nur ganz privat kicken, hätten auch die Herren Messi und Ronaldo keine Basis.
Ob ein Hobbykicker in der VDV (Vereinigung der Vertragsfußballspieler) richtig aufgehoben ist, muss er selbst für sich entscheiden. Aber auch wir Journalisten haben auf Dauer nur eine Daseinsberechtigung: Wenn wir den Qualitätsunterschied durch unsere Arbeit deutlich machen.
© Titelfoto: Johannes Klaus
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