VDRJ Regionaltreffen in Frankfurt

Marina Noble
Marina Noble

Am 19. März trafen sich Mitglieder der VDRJ zu einem Regionaltreffen in Frankfurt. Thema der Diskussionsrunde waren die veränderten Arbeitsbedingungen von Reisejournalisten und PR-Schaffenden – und deren Zusammenarbeit. Bilanz des Treffens: Das Verständnis auf beiden Seiten ist gewachsen – professionelle PR-Leute „denken“ wie Journalisten, und auch die Journalisten erkennen, dass PR-Leute nicht immer so können, wie sie wollen.   

Der VDRJ-Vorsitzende Klaus Dietsch stellte zu Beginn der Diskussion die Frage in den Raum, inwiefern der VDRJ-Kodex von beiden Seiten (PR und Journalisten) in den wohl wichtigsten Thesen „Transparenz“ und „Professionalität“ getragen werde und wie sich die Arbeitsbedingungen für beide Seiten entwickelt hätten.

Aufgrund von je drei Impulse-Statements aus dem Journalisten- und PR-Kreis entwickelte sich eine rege, aber harmonische Diskussionsrunde, in der sich alle Teilnehmer der Diskussionsrunde einbrachten. Rüdiger Edelmann (hr4/Radio) erläuterte seine Sicht: Reisesendungen seien teuer und rückten daher leider immer mehr in den Hintergrund. Sein Budget für die 52 Reisesendungen im Jahr à 3 Stunden betrage rund ein Drittel der reellen Produktionskosten. Also müsse er auf freie Journalisten zurückgreifen, denen er aber dann auch nur ein geringes Honorar bezahlen könne. Freie Autoren würden ausgebeutet, gab er offen zu. Zudem gelten Reisejournalisten in vielen Redaktionen als „bestechlich“. Die Zusammenarbeit mit PR-Agenturen könne er als sehr gut bezeichnen, sein Verhältnis basiere auf Vertrauen und dieses nutzte er auch seit Jahren für Promotion-Aktionen. Gesetzliche Regelungen machten die Zusammenarbeit aber immer schwieriger. Durch die Komplexität der Abwicklung und den langen Vorlauf solcher „Kooperationen“ nehme er inzwischen weitgehend Abstand davon.

Noble: Geringe Wertschätzung von Chefredakteuren und Verlegern 

Marina Noble (noble kommunikation) erklärte, dass die Geringachtung der Reiseberichterstattung vor allem von der Verlagsleitung und den Chefredaktionen ausgehe und dies dann beide – Journalisten und PR-Arbeiter  – gleichermaßen treffe. Um den schwierigen Spagat zwischen freiem Journalismus und einem fairen Give-und-Take bei Pressereisen zu vermeiden, solle man über neue Modelle nachdenken, zum Beispiel, dass Verlage die Leistungen einer Fluggesellschaft mit einer Anzeige „ausgleichen“. Die Medienlandschaft und damit die redaktionelle Arbeit von Agenturen und Journalisten werde immer nischiger und damit aufwändiger. Bezüglich Pressereisen stellte Marina Noble fest, dass individuelle Reisen praktisch genauso arbeitsintensiv seien wie Gruppen-Pressereisen und dass es vor diesem Hintergrund nicht möglich sei, alle Anfragen zu realisieren.

Christopher Knaak (Touristik Aktuell) fand die Spezialisierung sehr wichtig und bat die PR-Agenturen doch sicherzustellen, dass ihm übersandte Pressetexte auch wirklich Fachpresse-relevante Informationen enthalten. Er sprach von einer „Paradies und Traumstrände“-Allergie, da er werbliche Texte in seinem Medium nie unterbringen werde. Er wünschte sich kurze, präzise Pressemitteilungen, am liebsten speziell auf die die Fachpresse ausgerichtete. Pressereisen, an denen man teilnehmen würde, müssten maßgeschneidert sein mit wertvollen Inhalten und Gesprächspartnern.

Hohn: Nur noch Hälfte der Arbeit ist klassische PR 

Dorothea Hohn (Global Communication Experts) erklärte, dass die PR-Maßnahmen je nach Kunde sehr stark variierten und unterschiedlich sein könnten. Auch sie merkt an, dass Nischen immer mehr von Bedeutung seien und neben den Reiseredaktionen auch viele andere Redaktionen in den Fokus rücken – sei es Gesellschaft, Kultur, Wellness, usw. Pressemitteilungen werden weniger versandt, jedoch komme auch das sehr auf den Kunden an. Die Arbeit der PR-Agenturen verschiebe sich immer mehr – nur noch rund die Hälfte der Arbeit sei klassische Pressearbeit. Andere Bereiche, die immer mehr von den Agenturen erledigt werden, seien Beratung, Promotion-Aktionen, Events, Marketing usw.

Thorsten Keller hat als freier Journalist natürlich kein sicheres Nest eines festen Arbeitgebers und daher völlig andere Voraussetzungen. Um Geld zu verdienen, müsse er weiterdenken und immer eigene Geschichten suchen. Allgemeine Pressemitteilungen, die auch direkt an die Redaktionen geschickt würden, erlaubten ihm nicht, eigene Geschichten zu generieren und seien daher von untergeordnetem Interesse für ihn. Dagegen seien Einladungen, zum Beispiel zu Veranstaltungen wie Diskussionsrunden, Panels, Kongressen und Fachtagungen, Bilanz-PKs, Katalogpräsentationen, Pressereisen etc. gute Aufhänger, verschiedene Berichte für unterschiedliche Medien zu produzieren. Von Agenturen und einladenden Gastgebern benötige er Unterstützung in Form von möglichen Leistungsübernahmen, thematisch gut vorbereitete Pressereisen und interessante, vor allem aber kompetente und authentische Gesprächspartner während der Veranstaltungen und Reisen.

Tourismus-PR-Agenturen arbeiten in immer mehr Nischen

Generell wird festgestellt, dass sich das Verhältnis Medien – PR verbessert habe und es hier eine Vertrauensbasis gebe, auf die sich Vieles stütze. Der einschneidende Faktor sitze oft eine Stufe höher – sowohl für die betreffenden Reisejournalisten als auch für die Agenturen – nämlich in den Verlagsleitungen, die Reiseseiten streichen, Beiträge für zu teuer empfänden oder generell keine Unterstützung böten.

Auch die früher übliche Praxis, einfach auf Handschlag und im Vertrauen gegebene Promotion-Aktionen unterlägen nun einem Gesetz, das zu Verträgen zwingt, was wiederum so Aufwand und Vorlaufzeiten bedeute, sodass manches Medienhaus es dann lieber gleich sein lasse. Die Arbeit auf Seiten der PR-Agenturen wird immer „nischiger“ und schon längst arbeitet man nicht mehr nur mit den Reiseredaktionen zusammen, sondern auch in Bereichen wie Gesellschaft, Livestyle, Wellness/Beauty, Kultur, etc.

Darüber hinaus bedeute PR-Arbeit nicht mehr die klassische reine Medienarbeit wie noch vor einigen Jahren. Manche Agentur setzen nur noch ca. 50% ihrer Arbeitszeit für die klassische Presse- und Medienarbeit ein, die anderen 50% gehen in Promotions, Events, Blogger (wo immer man diese einfügen möchte), Beratung, Aktivitäten im Marketingbereich usw. PR-ler denken inzwischen auch sehr journalistisch und tun alles, um die Journalisten professionell in ihrer Arbeit zu unterstützen. Viele PR-Vertreter beobachten, dass die Anzahl der journalistischen Rechercheanfrage nach Informationen und für Tabellen immer mehr und spezifischer werden. Es stand die Frage im Raum, wo der PR-Service aufhöre und ab wann die PR-ler die Arbeit der Journalisten übernähmen?


Gruppen-Pressereise versus individuelle Recherchereise: Vor- und Nachteile

Für PR-Agenturen liege der Unterschied oft darin, dass individuelle Reisen sehr arbeitsintensiv seien und daher oft nicht realisiert werden könnten, wenn dies nicht im Budget des Kunden liege. Gruppenpressereise bedürften einer psychologischen Kleinstarbeit – nämlich zu sehen, wie passe die Gruppe zusammen, wer könnte wen „befruchten“, so dass auch innerhalb der Gruppe ein Mehrwert für die Einzelnen herausspringe. Gruppenreisen seien oft auch Networking-Reisen! Als Vorteil einer individuellen Reise sehen PR-Leute, dass diese nicht begleitet werden müssen und auch nicht alle Kosten übernommen werden müssen. Interessant für Journalisten können auch internationale Pressereisen sein, an denen nur ein oder zwei deutsche Journalisten teilnehmen.

Auf der anderen Seite benötigt eine individuelle Reise viel Vorbereitung – auch der Journalist muss mehr Arbeit investieren als bei einer Gruppenreise. Generell wurde einstimmig gesagt, dass kleinere Gruppenreisen von maximal acht Personen weit angenehmer seien als große Teilnehmerzahlen. Viele der Journalisten nähmen an größeren Gruppenreisen gar nicht mehr teil. Gruppenreisen wandeln sich auch hin zu noch mehr individuellen Recherchen – doch am Ende sind hier die PR-Agenturen natürlich auch wieder auf den Kunden angewiesen und können nur im Rahmen Änderungen vornehmen.

Tendenz bei Reisejouranlisten geht in Richtung Gruppen-Pressereisen 

Die Tendenz seitens der Journalisten ging dann doch in Richtung Gruppen-Pressereisen, da interessantere Gesprächspartner getroffen werden, die auch oft offener kommunizieren, man interessante Menschen trifft mit möglichen neuen Netzwerken und oft auch das Programm einem andere Möglichkeiten eröffnet. Dabei ging der Wunsch in Richtung „straffes Programm“. Die „Zeit für eigene Recherche“ würde doch manchmal überbewertet, da die meisten dann wahrscheinlich aufs Bett sinken, um sich auszuruhen. Wenn, dann sollte diese freie Zeit wirklich für eigene Geschichten genutzt werden. Vorschlag hier war – bei „Zeit für eigene Recherchen“ – einfach zwei, drei Recherche-Optionen anzubieten. Bei Einladungen zu Pressereisen – so befand der PR-Kreis selber – muss klar die Lust auf die entsprechende Destination geweckt werden und erste Inhalte, die den Journalisten ansprechen, schon geliefert werden. Das heißt, der Journalist sollte grob erkennen können, welche Themen gegebenfalls für ihn interessant sein könnten. Ein Diskussionspunkt war, bis wann das Reiseprogramm zur Verfügung stehen sollte – es scheint, dass dies oft sehr spät passiert. Dazu wiesen die PR-Agenturen darauf hin, dass sie darauf angewiesen sind, dass ihre Auftraggeber das Programm erstellen und organisieren.

Einer Meinung waren alle: dass nämlich Journalisten, die an einer Gruppenreise teilnehmen, sich auch auf das Programm „einlassen“ sollten. Auch kam die Idee auf, dass man bei Fernreisen doch auch Länder-übergreifend und damit Agentur-übergreifend arbeiten könnte. Dies geschieht in Teilen bereits. Das Problem ist dabei, dass dann Reisen natürlich entsprechend länger werden, was unter Umständen für freie Journalisten noch machbar wäre, in den Redaktionen aber oft gar nicht mehr möglich ist.

Pressemitteilungen: Für freie Journalisten eher uninteressant 

Pressemitteilungen sollten faktisch und lieber kurz sein und möglich auch selektiert verschickt werden. Wünschenswert wäre auch die wichtigsten Informationen direkt am Anfang zu nennen, sodass man die Pressemitteilung gleich zu Beginn der Lektüre einordnen kann. Der Wunsch der Journalisten, spezielle Pressemitteilungen für jedes Segment zu verfassen – wie Fachpresse, Lifestylepresse oder ähnliches – wurden von der PR-Seite entgegnet, dass dies zum Teil aus Zeitgründen einfach gar nicht machbar und zum anderen oft auch nicht erklärbar sei vor dem Kunden.

Hier haben die PR-Agenturen sowieso einen ungeheuren Erklärungsbedarf, da Kunden natürlich ihr Produkt so schön wie möglich, so gebrandet wie möglich usw. in den Releases sehen möchten und dann nachher auch in den Veröffentlichungen. Internationale Kunden, die unsere Kulturen nicht kennen, seien dabei ungleich schwieriger davon zu überzeugen, dass diese Informationen gar nichts bringen. Doch natürlich wissen hier die PR-Agenturen, was zu machen sei, was geht und was nicht – müssten aber oft den Spagat zwischen Kundenwunsch und Professionalität machen – was zu eben entsprechenden Pressemeldungen führt. Oft sind PR-Agenturen auch die Vermittler zwischen den Wünschen der Journalisten und denen der Kunden.

Pressemeldungen müssten heute oft auch SEO-gerecht sein müssen, was teilweise zu anderen Text-Inhalten führe.

Wichtig sei einfach noch einmal für PR-Agenturen zu bedenken – dass die generellen Pressemitteilungen, die auch an die Medien geschickt werden, für freie Journalisten keinen direkten Wert darstellen, da daraus keine eigenen Beiträge gestrickt werden können. Allenfalls liefern Pressemitteilungen für sie Ideen und Ansätze für eigene Geschichten. Dagegen können Einladungen zu Veranstaltungen oder gezielte Informationen sehr wertvoll sein, denn daraus können ja eigene Meldungen produziert und angeboten werden.

Resumee: Verständnis auf beiden Seiten ist gewachsen 

Alles ist und bleibt ein „give and take“ – wir müssen zusammen- und nicht gegeneinander arbeiten und diese Zusammenarbeit sieht doch gar nicht so schlecht aus! Das Verständnis auf beiden Seiten ist gewachsen – professionelle PR-Leute „denken“ wie Journalisten und auch die Journalisten erkennen, dass PR-Leute nicht immer so können, wie sie wollen. Das konnten wir am heutigen Abend auf jeden Fall sehen!

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