Bildschirmkontrolle: Video-Chat-Fehler, die man vermeiden sollte

Jürgen Drensek – Was mit Reisen
Jürgen Drensek – Was mit Reisen

Fehlende Präsenz-Veranstaltungen stellen Destinationen, PR-Agenturen und Journalist*innen vor völlig neue Herausforderungen. Skype, Zoom, Microsoft Teams und diverse Konferenzprogramme zum Video-Chat ermöglichen zwar, dass man sich trotzdem sieht und miteinander sprechen kann. Die Frage ist jedoch das „wie”.

Mit etwas Vorbereitung lassen sich Anfängerfehler im Online-Meeting vermeiden.

Von Jürgen Drensek

Die ersten Monate des Jahres sind für Reisejournalisten und die Tourismusbranche normalerweise eine entscheidende Phase. Fachmessen finden statt, Redaktionspläne werden erstellt, Recherchen und Reisen geplant.

Covid19 hat diese Pläne durchkreuzt. Zwar gibt es schon zaghafte Planungen für Berichterstattungen, aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die touristisch mögliche Welt noch arg beschränkt sein wird.

Reisethemen entstehen traditionell im Austausch zwischen Journalist*innen und den PR-Abteilungen der touristischen Partner. Die Situation ist nicht neu und nicht unumstritten. Aber so lange die Medienhäuser – egal, ob nun Print oder elektronisch – sich weigern, die gesamten Entstehungskosten einer Reise-Reportage zu finanzieren, bleibt dem einzelnen Journalisten kein anderer Weg. Sie oder er muss versuchen, auf der touristischen Seite einen Partner zu finden, der die Recherche unterstützt – ohne sich in die später publizierten Inhalte einzumischen.

Die Werbetrommel rühren – Eigenvermarktung ist wichtig

Damit das gut funktioniert, ist es für viele Reisejournalisten unabdingbar, die Werbetrommel für sich zu rühren. Einigen fällt diese Eigenvermarktung im Gegensatz zu Bloggern oder gar Influencern eher schwer. Sie denken altmodisch, dass das einzige, was zählt, das Produkt sei. Aber das reicht nicht: Die Chemie zwischen der touristischen PR-Seite und den Kolleginnen und Kollegen aus dem Journalismus muss stimmen. Vielfach entscheidet der Bauch, ob ein Journalist die Möglichkeit bekommt, auf Recherche zu gehen. Professionalität, also ein Journalist der sein Handwerk versteht, reicht nicht aus, um eingeladen zu werden. Auch die Umgangsformen müssen stimmen.

Der Journalist, die Journalistin, muss sich gut „präsentieren“ können, was in der Regel auch kein Problem ist. Vor allem nicht auf Messen, auf denen die gesamte touristische Welt zusammenkommt. Im persönlichen Kontakt, beispielsweise im Umfeld der ITB, ist ein Kennenlernen und „Kontakte schmieden” wesentlich leichter.

An dieser Stelle beginnt das Drama in kontaktlosen Zeiten, die uns nun schon seit Monaten begleiten. Das persönliche Kennenlernen wird durch Skype, Zoom, Microsoft Teams und jede Menge spezieller Konferenzprogramme zum Video-Chat ersetzt. Das führt zu Problemen. Es ist erschreckend, wie ungeübt, unprofessionell und hilflos sich viele Kolleg*innen vor der heimischen Computer-Webcam fühlen. Frauen und Männer sind gleichermaßen geplagt davon.

Licht, Blickwinkel, Ton, Kleidung – Jedes Detail ist entscheidend

Licht? Scheint oftmals Luxus zu sein. Das führt jedoch zu unvorteilhaften Augenringen, oft mäßig bläulich angestrahlt.

In die Kamera schauen? Warum denn das? Es reicht doch, das Webchat-Programmfenster anzusehen, das irgendwo auf dem Bildschirm platziert ist.

Guter Ton? Ich selbst höre mich doch laut und deutlich?

Das selbst produzierte Videobild weicht oft gravierend von der eigenen Wahrnehmung ab und es kostet viel Überzeugungsarbeit daran etwas zu verbessern. Sich vor der Kamera zu präsentieren, ist für die meisten Menschen eine ungewohnte Stress-Situation, die sie nicht gelernt haben.

Im Webchat gibt es keine mildernden Umstände. Der Zuschauer weiß sehr genau, welches Bild ihm gefällt.

Video-Chats – Die Froschperspektive ein No Go
Video-Chats – Die Froschperspektive geht gar nicht. (Foto : Jürgen Drensek)

Wer also in den kommenden Wochen bei Webmeetings, Kamera-Speed-Datings auf der ITB, dem IMM oder einem extra angesetzten Kennenlernen-Chat mit einem Partner aus Übersee professionell erscheinen möchte, sollte tunlichst einige wichtige Regeln beachten:

Outfit

  • Setzen Sie sich so vor die Kamera, wie Sie sich kleiden und geben würden, stünde ein persönliches Meeting an. Kleider machen Leute. Auch im Webchat.

Vorbereitung und Gespräch

  • Hilfreich im Vorfeld ist die Erstellung eines aussagekräftigen Profils – möglichst auf Englisch – über den beruflichen Werdegang, belieferte Medien oder etwaige Auszeichnungen. Ausgewählte Links zu Arbeitsproben verdeutlichen, in welchem Stil die journalistische Tätigkeit ausgeübt wird. Viele Messen und Meetings bieten Profilseiten. Alternativ lassen sich ein bis zwei Seiten als PDF vorab per Mail übermitteln.
  • Fokussieren Sie sich. Oft gibt es nur zehn bis fünfzehn Minuten Zeit für ein Gespräch. Durch das gut vorbereitete Profil entfällt eine lange Vorstellung. Kommen Sie zügig zum Punkt, welches Thema Sie realisieren wollen. Eine sehr gute Vorbereitung ist das Elevator-Speech-Training: Wie in einer knappen Fahrt mit dem Aufzug, bleiben nur 45-60 Sekunden Zeit, um einen Menschen für eine Idee zu begeistern.

Licht

  • Suchen Sie sich einen perfekten Platz, um die Webchats durchzuführen. Das muss nicht unbedingt der Schreibtisch sein. Wichtig sind vor allem zwei Dinge: ein guter Hintergrund und eine gute Licht-Situation.
  • Komplett ungeeignet ist der Laptop auf dem Tisch und ein Blick von oben in die Webcam. Das wirkt unsympathisch und hinterlässt unschöne Spuren am Hals. Die Lösung können gestapelte Bücher oder Reisekataloge auf dem Tisch sein, bis der Laptop so hoch ist, dass sich die eingebaute Kamera etwa auf Augenhöhe oder ein bisschen höher befindet.
  • Es werde Licht. Das steht bereits in der Bibel und gilt besonders für Webchats. Die Kameras sind vielfach von mäßiger Qualität. Dazu kommt oft ein Qualitätsverlust durch die schlechte Bandbreite der Internet-Verbindung. Bilder, die schwach ausgeleuchtet sind, werden schnell unscharf, sind mit Bildrauschen und sonstigen unangenehmen Nebeneffekten versehen.
    Gutes Licht bereitet man am besten so vor: Wer keine professionellen Lichter setzen kann, sollte dem Zimmer eine gute Grundhelligkeit verschaffen. Tagsüber kann das ein Fenster sein. Aber Vorsicht, wenn das Licht im weitesten Sinne von vorne kommt. Ein Fenster im Sichtbereich der Kamera ist fast immer schlecht und führt dazu, dass das Gesicht von der Kamera abgedunkelt wird.Außerdem: Hinter dem Bildschirm oder hinter dem Laptop sollte ein künstliches Licht stehen, dass das eigene Gesicht weich von vorne anstrahlt. Möglicherweise ist hierfür sogar eine passende Bürolampe geeignet. Wenn das Licht zu hart oder zu hell ist, wirkt ein locker hängendes Papiertaschentuch mit Klebestreifen am Lampenkopf wahre Wunder. Dabei unbedingt aufpassen, dass es nicht so angebracht wird, dass es zu heiss werden kann.
    Im Netz kann man für ca 20 € kleine batteriebetriebene Kamera-Leuchten kaufen. Sie wiegen nur wenige Gramm und lassen sich in der Regel gut am Laptop oder Bildschirm neben der Webcam anbringen.

Hintergrund

  • Es werde Bild. Oder besser Hintergrund. Die Kamera befindet sich inzwischen auf Augenhöhe. Nun wird das häusliche Umfeld auf den Prüfstand gestellt. Was lässt es für einen Umkehrschluss auf mich zu? Vereinfacht lohnt es sich, die eigenen vier Wände wie eine Kulisse zu sehen und entsprechend vorzubereiten. Wenn Veränderungen nicht möglich sind, sollte der Platz für Webchats lieber so gewählt werden, dass eine neutrale weisse Wand den Hintergrund ergibt. Einige Webchat-Programme ermöglichen auch im Vorfeld ein Bearbeiten des Hintergrunds. Sehr beliebt ist der Blur- oder Unschärfe-Effekt. Das sieht im ersten Moment nach der Lösung für alle Probleme aus. Aber Vorsicht: das Live-Erzeugen eines unscharfen Hintergrunds erfordert viel Rechenleistung. In der Folge kann sich die Streaming-Qualität verschlechtern. Und fast immer hat dieser „Trick“ zur Folge, dass es sehr unschöne Artefakte im Bild gibt, sobald man sich bewegt. Das wirkt hochgradig unprofessionell und kann auch beim vermeintlich zweiten guten Trick der Fall sein: das manchmal angebotene Austauschen des realen Hintergrundes durch eine Art Fototapete. Solange man nicht die Möglichkeit hat, mit Hilfe der Greenscreen-Technik eine perfekte Stanze zu erzeugen (und dafür braucht man viel Licht), gibt es auch hier sehr schnell recht unschöne Effekte, die den Zuschauer leider irritieren.  – Was man gar nicht machen sollte: „Lustige“ Bildeffekte wirken fast immer infantil und haben in einem professionellen Web-Chat nichts verloren!
Schlechtes Licht – Wirkt sich katastrophal aus (Foto: Jürgen Drensek)

Ton

  • Der Ton macht die Musik – und vor allem die Sprache. Bei einem privaten Gespräch via Webcam wird das eingebaute Mikro sicher ausreichen. Sollte man aber als Panel-Mitglied auf einem Forum sprechen, lohnt es sich unbedingt, einen guten Ton zu erzeugen. Das gelingt zum Beispiel sehr gut, indem man iPhone-Kopfhörer an den Computer anschließt und sie sowohl als Mikrophon als auch Lautsprecher in den Systemeinstellungen anwählt. Das Kabelmikro der Ohrhörer ist nahe am Gesicht, und wird in der Regel einen viel besseren Ton erzeugen. Noch besser kann es sein, ein USB Mikro an den Computer anzuschließen.

Kamera

  • Die Kamera ist das Auge Ihres Gesprächspartners. Das hört sich banal an, bereitet den meisten Menschen aber das größte Problem. Neun von zehn Personen schauen beim Sprechen auf das Chatfenster des Programms. Ergo: sie schauen nicht in die Kamera, also dem Gesprächspartner in die Augen wie in einer realen Gesprächssituation. Das irritiert und baut unwillkürlich Barrieren auf. Zwingen Sie sich beim Sprechen grundsätzlich in die Kamera zu schauen. – Auch hier gibt es einen kleinen Trick: Wer das Chatfenster unmittelbar unterhalb der Kamera am oberen Bildschirmrand platziert, kann den Effekt minimieren und so den Fehler zumindest so gering wie möglich halten.
  • Gerade Journalisten haben es sich zur Aufgabe gemacht, Geschichten zu erzählen. Umso mehr sollte das „Kino im Kopf” bezüglich der eigenen Person, professionell und selbstverständlich mit den neuen Kommunikationsformen spielen können. Wenn nicht wir das beherrschen – wer dann?

Der Artikel ist ursprünglich auf „Was mit Reisen”  unter „Zoom aus der Messie-Gruft” erschienen.

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