VDRJ-Kommentar: Wir sind alle Influencer – sind wir?

Rüdiger Edelmann, VDRJ-Vorsitzender & Sprecher - Foto: Holger Leue

Nach Influencer-Marketing folgt jetzt die Influencer-Reise zum Buchen. Fassungslos kommentiert der VDRJ-Vorsitzende

Rüdiger Edelmann

Ich neige ja dazu ein ruhiger Mensch zu sein, aber irgendwann platzt es auch aus ruhigen und bedachten Menschen heraus.

Hallo geht’s noch? Ich musste im Lauf der letzten Jahre mehrfach zur Kenntnis nehmen, dass im Zweifelsfall Influencer dem Reisejournalisten immer vorgezogen werden. Influencing ist aber nicht anderes, als eine Variante der Tourismuswerbung. Sie hat mit objektiver Darstellung eines Reiseziels nichts zu tun. Beim Influencing heißt es ganz klar: Geld gegen Werbung. Das ist leider, auch wenn mir das nicht gefällt, ein klares Geschäftsmodell. Es vermischen sich dabei Realität und Außendarstellung.

Influencer werden immer häufiger zu Lifestyle-Botschaftern der Reiseindustrie. Das wiederum geht nicht nur zu Lasten des Journalismus, sondern auch zu Lasten potentieller Urlauber, denn hier wird „Schönheit um jeden Preis“ gegen Bares verkauft. Realitäten bleiben auf der Strecke.

Auch die VDRJ hat auf dieses Manko mehrfach hingewiesen. Angesichts eines Influencer-Hypes wurde und wird das in der Reiseindustrie gerne überhört

Jetzt aber reicht‘s

Dem berühmten Fass fiel nun gegen Ende der letzten Woche endgültig der Boden aus, als das erste Reiseportal an den Start ging, das „Reisen wie die Influencer“ bewirbt und verkauft. In der Presseinfo (glaubt eigentlich irgendjemand, die „Information“ würde von wirklichen Journalisten einfach übernommen?) heißt es:

Travely24.com ist eine neue Reiseplattform, in der Influencer Reisen in alle Welt promoten und Endverbraucher direkt über die Plattform buchen können. Wer kennt es denn nicht? Influencer reisen an die schönsten Orte der Welt und lassen die Follower staunend und teils neidisch zurück. Auf Travely24.com können nun genau solche Reisen gebucht werden. Dazu werden die Storys der Influencer genutzt und mit einem Preisbeispiel für das Hotel oder die Destination verknüpft.

Wenn ich dann noch lese, dass die Plattform kleine und mittlere Destinationen an Land ziehen möchte, dafür Influencer (gegen Geld) zur Verfügung stellt, damit sie besucht werden, um daraus buchbare Reiseangebote zu generieren, fällt mir leider nichts mehr ein. Geht’s eigentlich nur noch um den schönen Schein und die Bilanz?

Ganz ehrlich: Ich kann nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte.

Mehr als die Palme im Blick: Das ist Reisejournalismus – Foto: Rüdiger Edelmann

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1 Kommentar

  1. Moin,
    nur ein weiterer Versuch mit geschönten Berichten – hauptsächlich Videoclips mit/von Girlies – unkundige Reisende zum Buchen zu veranlassen. Nützliche Informationen werden eher nicht vermittelt. Wird sich das Überleben? Vermutlich nicht solange Destinationen/Hotels/Reiseanbieter hier mitmachen und ihre Marketinggelder dafür hergeben.
    Reisejournalisten können und müssen mit der Qualität ihrer Arbeit dagegenhalten. Vor allem sind die Destinationen (PR-Leute und GF) immer wieder daraufhin zu weisen, auf welches Geschäftsmodell sie sich einlassen.
    Doch auch die PR-Leute von Destinationen sind dem Druck ihrer Gesellschafter/Vorstände ausgesetzt unter dem Motto: Super! So etwas müssen wir haben um junge Menschen zu erreichen. Mag manches hierbei richtig sein, aber wenn die Älteren (die das Geld haben) darüber vergessen/vernachlässigt werden, sind diese Entscheider auf dem Holzweg.

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