Bestes Radiostück des Jahres: Felicia Englmann (BR2) erlebte ihren „Fluch der Karibik“

Was ist schlimmer am Fluch der Karibik, eine Corona-Infektion oder die Erkenntnis über das Scheitern so vieler Lebenspläne? (Foto: Rüdiger Edelmann)

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Die Auseinandersetzung mit dem durchgeplanten Flug in den Karibikurlaub wird zum Fluch. Nach ersten Anzeichen einer COVID-19-Infektion sitzt die Autorin im März 2020 zu Hause und reflektiert das Virus, ihre bisher vergeblichen Karibik-Reisewünsche und den Fluch der scheinbar auf den gut geplanten Bedürfnissen ihres Lebens liegt.

Von Rüdiger Edelmann

Ein Virus wird für Felicia Englmann zur vermeintlich persönlichen Katastrophe des Lebens. Hätte doch die Karibik vor langer Zeit das Ziel ihrer Hochzeitsreise werden sollen. Genau geplant, genauso wie das Brautkleid. Das mit dem Heiraten ist so eine Sache, aber das erfährt man erst nachdem Halsschmerzen, Fieber und Corona-Verdacht die geplante Reise schon längst zunichtegemacht haben. 

Hier stehen sich die Angst vor COVID-19 und die zur Normalität gewordene Angst zu leben gegenüber. Was ist schlimmer am Fluch der Karibik, eine Corona-Infektion oder die Erkenntnis über das Scheitern so vieler Lebenspläne? Schon nach wenigen Minuten stellt sich das Gefühl ein: Ach Du Scheiße, hier kommt alles auf einmal und dann auch noch das Virus. Oder müsste man sagen, ein Virus löst die Trauer über das Leben aus, denn die geplante Karibikreise war schon lange kein „Honeymoon“ mehr? 

Ein seit den 1990er-Jahren aufgestauter Traum sollte sich jetzt wenigstens als Urlaubstraum erweisen. Allein unter Palmen. Doch die Hotline der kassenärztlichen Vereinigung ist seit Stunden besetzt. Der Kühlschrank ist leer und Felicia kaut trockenes Müsli. Der Mensch an der irgendwann erreichten Hotline rät zur Selbstisolierung. 112 bitte nur bei Atemnot wählen. Und dann ist er da, der Gedanke: „Vielleicht sterbe ich diese Woche?“ 

Was hören wir? Ein Stück Literatur? Eine Lesung mit intellektueller Untermalung aus Geräuschen, Free-Jazz und karibischem Wohlfühlrhythmus? – Eine Selbstreflektion über das Reisen und das Leben. Der Hörer hat Mitleid mit Felicia und fragt sich gleichzeitig, ob hier das echte Schicksal zugeschlagen hat. Man will wissen, wie es ausgeht und bleibt gebannt bis zum Schluss. 14 spannende, verzweifelte, reflektierende und mitunter auch komische Minuten. Mit Pointe und Moral.

Gnadenlos. Und gnadenlos gut gemachtes Radio.

Der Beitrag „Fluch der Karibik“, ausgestrahlt im Juni 2020 in den „radioReisen – Reisegeschichten über Menschen mit Missionen“ in BR2, wurde mit dem Columbus Radiopreis 2020 in Gold als „Bestes Radiostück“ ausgezeichnet. Mehr zum diesjährigen Radiopreis-Jahrgang und der Arbeit der Jury finden Sie hier.

Felicia Englmann (Foto: Armin Brosch)

Dieser und alle weiteren ausgezeichneten Beiträge der Columbus Journalistenpreise der VDRJ für das Erscheinungsjahr 2020 für Text, Radio sowie Film sind hier auf einen Blick zum Nachlesen, Reinhören und Anschauen online verfügbar.

Wir danken dem Sponsor der Columbus-Radiopreise 2020

 

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