Lange Zeit hatte VDRJ-Mitglied Heidi Diehl diesen Wunsch gehegt: einmal auf Fotosafari durch den Krüger Nationalpark in Südafrika zu reisen. Natürlich hatte sie ihre Kamera dabei, schließlich sollte der Artikel mit spektakulären Fotos garniert werden. Doch sie hatte die Rechnung ohne ihren Kamera-Akku gemacht: Der präsentierte sich vor Ort ziemlich widerborstig. Was also tun, mitten in der Wildnis?
Jahre hatte ich von dieser Reise geträumt, nun endlich war es so weit: Nach drei Thomas Cook-Sommerkatalogpräsentation und drei erlebnisreichen Tagen in Johannesburg ging es auf Foto-Safari in den Krüger Nationalpark. Am Abend davor hatte ich noch einmal den Akku der Kamera aufgeladen, sie würde in den nächsten drei Tagen richtig Arbeit bekommen.
Natürlich hoffte ich darauf, die Big Five vor die Linse zu bekommen. Ich freute mich tierisch darauf! Der nächste Morgen zeigte sich im strahlenden Sonnenschein, noch gut acht Stunden und rund 600 Kilometer Busfahrt – dann würden wir im Krügerpark ankommen, und das Abenteuer könnte beginnen. Ich war happy und aufgeregt wie ein kleines Kind. Bis ich die Kamera für ein letztes Foto von Johannisburg einschaltete. Es passierte – NICHTS. Das Display zeigte lediglich an, dass irgendwas mit dem Akku nicht stimmte. Einen zweiten hatte ich nicht dabei, ich hatte mich immer auf das Ladegerät verlassen.
Der Akku war leer!
Eiskalt lief es mir über den Rücken, ein neuer Akku musste her, sofort! Craig, unser südafrikanischer Begleiter, könnte mir sicher ein Fachgeschäft zeigen, dachte ich. Falsch gedacht: Es war Sonntag, und alle Läden hatten geschlossen. Eine Welt brach für mich zusammen: Die Big Five sehen und nicht ein einziges Foto machen können – unvorstellbar!
Wie ein Häufchen Unglück saß ich die nächsten Stunden schweigend im Bus, draußen zog die herrlichste Landschaft an uns vorbei wie ein Film, den ich allerdings zunehmend nur noch durch einen Tränenschleier wahrnahm. Im Kopf kreisten die schrecklichsten Gedanken an die kommenden drei Tage. Irgendwann konnte die Kollegin neben mir mich nicht mehr still leiden sehen. „Du kannst gern meine Kamera haben“, sagte sie, „ich weiß doch, wie leidenschaftlich und gut du fotografierst und wie sehr du dich auf die Fotosafaris gefreut hast.“ Ich musste kurz den Kloß im Hals runterschlucken, ehe ich das Angebot energisch ablehnen konnte. Das könnte ich niemals annehmen, dann würde ich mich noch mieser als jetzt fühlen, sagte ich ihr. Dennoch: Einen solchen Freundschaftsbeweis hätte ich nie erwartet. Was dazu führte, dass ich den Rest der Fahrt noch mehr mit den Tränen kämpfte.
Auch andere Kollegen hatten inzwischen mitbekommen, was mit mir los war. Einer, der ebenfalls mit einer Canon arbeitet, reichte mir einen Akku – es war leider der Falsche. Gleich mehrere boten mir kostenfrei ihre Fotos an, viele versicherten mir, dass sie meine Situation durchaus nachvollziehen könnten. All das war lieb gemeint, half mir aber nicht weiter.
Als wir im schönsten Abendlicht im Krügerpark ankamen und schon nach wenigen Metern eine Giraffe mit ihrem Jungen unseren Weg kreuzte, brachen bei mir dann alle Dämme. „Was hat sie?“, fragte der gemütliche Elvis, der uns an diesem Tag als Parkranger begleitete. Als Craig ihm erzählte, was passiert war, griff er unter seinen Sitz und reichte mir mit einem Lächeln seine Kamera. Schlagartig versiegten die Tränenquellen.
Nur Tiere anschauen macht keinen Spaß
Wie auf Bestellung liefen uns die Tiere vor die Linse: Löwen, Nashörner, Elefanten, ein Gepard, Hippos, Büffel, Zebras… Was für ein Anblick, was für schöne Motive! Ich war glücklich, und versuchte, nicht an den nächsten Tag zu denken. Denn da würden wir Camp und auch Ranger wechseln, und ich stünde wieder ohne Kamera da. Wenigstens hatte ich ein paar gute Bilder im Kasten, die mir ein Kollege am nächsten Morgen von Elvis’ Speicherkarte auf einen Stick, den ich – im Gegensatz zu einem Ersatzakku – immer im Gepäck habe. Dann gab ich meinem „Retter“ seine Kamera zurück – dankbar und traurig zugleich. Doch es war schon längst nicht mehr so schlimm wie noch vor 24 Stunden. Irgendwie würde ich die nächsten zwei Tage schon schaffen. „Nur“ Tiere anschauen ist bestimmt auch schön, redete ich mir wider besseres Wissen ein.
Als wir im nächsten Camp ankamen, lag auf meinem Bett ein neuer und schon aufgeladener Akku. Was ich nicht wusste: Craig hatte am Sonntag einen SOS-Ruf abgesetzt, und der Camp-Manager gleich Montagmorgen einen Mitarbeiter in die 60 Kilometer entfernte Stadt zum Einkauf geschickt. Ich war sprachlos! Und wieder flossen Tränen – diesmal aus Freude und Dankbarkeit. So schnell hatte ich wohl noch nie den Akku gewechselt und die Kamera eingeschaltet: Diesmal zeigte sie sich einsatzbereit.
Ich konnte die nächsten Safaris kaum erwarten. Und als ob die Tiere es geahnt hatten – eines nach dem anderen trat auf den Plan, ein Fest fürs Auge und für die Kamera. Am Ende war alles gut, doch ohne Elvis, Craig und all die anderen, darunter viele Kollegen, die mir geholfen haben, wäre die Traumreise für mich zum Albtraum geworden.
Übrigens: Die Big Five habe ich mit Ausnahme des Leoparden gesehen und fotografiert. Die schöne, scheue Katze wird mir vielleicht bei der nächsten Safari vor die Linse laufen. Dann habe ich garantiert auch einen Ersatzakku dabei – man kann ja nie wissen.
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