Der frühe Vogel …erklärt die Hintergründe eines Ryanair-Pilotenstreiks

Screenshot ARD Morgenmagazin
Screenshot ARD Morgenmagazin

von Ingo Busch

Es ist fünf Uhr am Freitagmorgen und der Wecker bimmelt unerbittlich. Das ist eigentlich gar nicht meine Zeit. Aber es nützt nichts: Ich muss bereits um Viertel vor sechs im WDR-Funkhaus sein. Daher fix unter die Dusche und versuchen, die Lebensgeister zu wecken. Danach die Visage rasieren und schon sehe ich wieder fast wie ein Mensch aus.

Dass ich überhaupt heute morgen so früh aufstehen muss, stand erst gestern Abend um neun Uhr fest. Bereits zwei Tage zuvor rief mich das erste Mal eine Redakteurin des ARD Morgenmagazins an. Man sei auf meinen Blog-Artikel gestoßen, in dem ich darlege, warum ich nicht mit Ryanair fliege und meinen Lesern nahelege, meinem Beispiel zu folgen. Wegen des für Freitag anstehenden Streiks der Ryanair-Piloten in mehreren europäischen Ländern suche man nach geeigneten Gesprächspartnern für das MoMa am Freitag.

Was die nächsten anderthalb Tage folgte, war teilweise schon etwas schräg: Ich wurde unter anderem gefragt, warum ich als Blogger über Luftfahrt-Themen schreibe. (Wurde je ein Theaterkritiker bei einer Zeitung gefragt, warum er übers Theater schreibt?) Diese Frage wurde mir dann auch von einem anderen Redakteur gestellt. Geduldig erklärte ich auch diesem netten Herrn, wie es ausgerechnet zu besagtem Artikel gekommen war.

Irgendwann wurde die Idee, dass ich als Experte im Morgenmagazin etwas zu den Arbeitsbedingungen speziell der Piloten bei Ryanair erklären könne, konkreter. Aber gegen 18 Uhr rief mich der Redakteur an und wollte ganz genau wissen, von welchen Airlines ich bisher eingeladen wurde. Auch dies erläuterte ich lang und breit, weil man beim WDR wohl befürchtete, dass ich als „Jubel-Perser“ der Ryanair-Konkurrenz auftreten könne.

Wie gut, dass es nur ein Telefonat war. Denn meine Gesichtszüge entglitten mir langsam immer mehr: Werden anderen Luftfahrt-Experten, mit denen ich auch schon gemeinsam auf Presse-Reise war, auch diese Fragen gestellt? Wenn ja, warum treten die dann trotzdem im öffentlich-rechtlichen Fernsehen auf, obwohl sie – sogar im Interview – zugeben, dass auch sie schon von Ryanair wie auch deren Konkurrenz eingeladen wurden?

Um neun Uhr abends wurde mir mitgeteilt, dass man mich gerne als Studiogast am nächsten Morgen begrüßen würde. Ich solle um Viertel vor sechs im Sender sein.

Zuerst muss ich in die Maske, wo sich die Maskenbildnerin alle Mühe gibt, mein Gesicht TV-gerecht zu schminken. Ob sich die Mühe gelohnt hat, müssen die Zuschauer später entscheiden. Um kurz vor halb sieben werde ich ins Studio geführt und der Regie-Assistent erklärt mir den Ablauf in den nächsten Minuten: Wo ich entlang gehen, wo ich sitzen würde und noch ein paar weitere Details. Um 6.26 Uhr ist es dann soweit, und Anna Planken moderiert eine MAZ zum Ryanair-Streik an. Während die MAZ läuft, wird ein Stuhl für mich bereit gestellt, ich darf Platz nehmen – und zack bin ich auch schon auf Sendung. Die Fragen drehen sich um die Arbeitsbedingungen der Piloten und darum, ob es andere Airlines gibt, mit denen man guten Gewissens günstig fliegen könne. Ich vergleiche Discounter-Fleisch mit Billigflügen. Damit ist dann mein erster Auftritt an diesem Morgen auch schon Geschichte.

Bis zu meinem zweiten Auftritt gegen 8.40 Uhr kann ich mir ein wenig die Zeit vertreiben und auch einen Happen essen. Ein belegtes Brötchen, zwei Zigaretten und eine Kanne Tee später bin ich dann wieder auf Sendung und stehe Anna Planken wieder zu den gleichen Fragen Rede und Antwort.

Dann werde ich verabschiedet, fahre nach Hause und erfahre jetzt erst von meinen Twitter-Followern, dass ich in der Bauchbinde nur als Reise-Blogger bezeichnet werde, das Medium jedoch nicht genannt wurde. Eigentlich war es anders ausgemacht. Auch ein weiterer Journalist, der als Studiogast zu Gaspreisen befragt wurde, wurde korrekterweise als Chefredakteur und mit Nennung des Mediums in der Bauchbinde eingeblendet. Ist es wirklich so schwer, bei einem Blogger auch den Namen des Blogs zu erwähnen?

Diese öffentlich-rechtliche Scharte wetzte im Laufe des Tages jedoch die Moderatorin Nina Heck vom Saarländischen Rundfunk aus. Durch meinen morgendlichen Auftritt beim ARD Morgenmagazin wurde sie auf mich aufmerksam und fragte ein Interview bei mir an. Bei der Ausstrahlung des Interviews am Abend in der Sendung „Stand der Dinge“ nannte sie Ross und Reiter beim Namen. Was mich persönlich gefreut hat und beweist, dass es doch gar nicht so schwierig ist.

Beide Auftritte im Morgenmagazin und das Radio-Interview zum Nachsehen und -Hören: https://www.reise-wahnsinn.de/ryanair-moma

Dies ist ein Artikel aus der aktuellen Ausgabe des Columbus-Magazins.

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