Das Reiseressort stirbt aus

Das nachfolgende Interview erschien zuerst in der Journalist-Ausgabe 3/2019

Als Reisejournalist zu arbeiten, wird immer schwieriger. Nicht nur wegen mickriger Honorare. Der journalist sprach mit Rüdiger Edelmann, dem Vorsitzenden der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten (VDRJ), über die aktuelle Situation und die Zukunft der Branche.

Interview von Dagmar Gehm

journalist: Viele Reisejournalisten kämpfen ums Überleben. Woran genau liegt das?

Rüdiger Edelmann:

Ein Großteil der Reisejournalisten arbeitet frei. Und mittelgroße Tageszeitungen scheuen sich inzwischen nicht mehr, für eine Reportage mit 6.000 Zeichen und zwei Fotos eine Pauschale von 80 Euro anzubieten. Hinzu kommt: Es gibt immer weniger Reiseredaktionen. Wer vorher vier unterschiedliche Zeitungen einzeln bedient hat und vier Mal honoriert wurde, steht als freier Journalist heute vor der Situation, den Beitrag einer Zentralredaktion anbieten zu müssen, die ihn nur einmal honoriert. Obwohl er in vier bis sechs Zeitungen erscheint.

Wie sehen Sie die Zukunft des Reisejournalismus?

Den klassischen Reisejournalismus wird es künftig immer weniger geben. Es werden jedoch Fachjournalisten aus ganz anderen Bereichen, die sich mit Mobilität und Freizeit auseinandersetzen, über Tourismus schreiben. Zum Beispiel, wenn Wirtschafts-, Lifestyle- oder Umweltjournalisten über Kreuzfahrten berichten. Auch „Overtourism“ ist zu einem globalen Thema geworden. Reisen wird man mal auf der Wirtschaftsseite und mal auf der Umweltseite finden.

Das eigentlich Schlimme dabei ist, dass die klassischen Reiseteile aussterben. Ich darf den Chefredakteur einer Regionalzeitung auf einem unserer Workshops zitieren: „Den Reiseteil wird es solange geben, wie das Anzeigenumfeld stimmt. Stimmt es nicht mehr, ist der Reiseteil tot.“

Was bedeutet diese Entwicklung für die Reisejournalisten?

Wir werden uns umorganisieren und spezialisieren müssen. Weiterhin steht fest, dass man nur mit Qualitätsjournalismus punkten kann. Die Zeit der oberflächlichen Zielgebietsreportage, die mit dem Foto der „berüchtigten Strandpalme“ verziert wird, ist in Zeiten von Google Earth und YouTube obsolet geworden.

Was bewegt Sie mit Blick auf die Branche?

Erstens: Es gibt immer weniger fachkundige Reisesendungen. Stattdessen verkommt das Thema „Reise“ zunehmend zum Preisgegenstand bei Gewinnspielen. Von Journalismus ist leider kaum noch die Rede. Zweitens: Die bedauernswerte und ewige Zwickmühle der Teilnahme an „Pressereisen“ statt eigener Recherche, hat hier, wie auch in anderen Medienbereichen, dazu geführt, dass das Thema „Reise“ weitgehend zum Tabu wird. Gleichzeitig gab und gibt es selten einen ausreichenden Etat, um absolut unabhängige Berichterstattung zu gewährleisten. Drittens: Das Medienverhalten hat sich verändert, bezahlte Werbebotschaften von „Influencern“ und „Hobbybloggern“ scheinen mehr geschätzt zu werden als journalistische Information.

 

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