Sebastian Münzenmaier: Ich bin kein Tourismusexperte

Münzenmaier

Der neue Vorsitzende des Tourismusausschusses im Deutschen Bundestag, MdB Sebastian Münzenmaier sagt von sich selbst, dass er kein Tourismusexperte sei. Der künftige Tourismuspolitiker war einst Mitglied der islamfeindlichen und vom Verfassungsschutz beobachteten Partei „Die Freiheit“, ehe er 2013 in die rechtspopulistische AfD eintrat und es bis zum Fraktionsgeschäftsführer im rheinland-pfälzischen Landtag brachte. Seine Partei bezieht, wie Münzenmaier selbst, zu vielen tourismuspolitischen Fragen keine Position. Das wird auch im folgenden Interview deutlich, das VDRJ Mitglied Th. Michael Schweizer in seiner Eigenschaft als Herausgeber der travel tribune mit Sebastian Münzenmaier in Ausgabe 5/18 der travel tribune geführt hat, und das wir freundlicherweise an dieser Stelle veröffentlichen dürfen.

tt: Mit 28 Jahren gleich einen Bundestags-Ausschuss leiten: Sind Sie nicht selber überrascht über Ihre steile Karriere? 

Münzenmaier: Ja, ich war schon überrascht darüber, dass auch der Vorsitz im Ausschuss für Tourismus an die AfD fällt und halte das für eine große Herausforderung für uns. Ich will mein Bestes tun, um das möglichst neutral und überparteilich zu moderieren, so dass auch alle Mitglieder mit dieser Entscheidung leben können.

Als Tourismusexperte sind Sie bisher noch nicht in Erscheinung getreten. Was befähigt Sie ausgerechnet zu diesem Posten? 

Da haben Sie vollkommen recht, ich bin kein Tourismusexperte – und auch für die AfD war der Tourismus bisher kein Kernthema. Ich persönlich hatte mich allerdings schon direkt nach der Wahl damit beschäftigt und die tourismuspolitischen Sprecher, die es in unserer Partei – gerade in Rheinland-Pfalz, wo ich herkomme – ja gibt, kontaktiert. Ich halte das für ein wichtiges Thema, wo wir als AfD auch noch Positionen entwickeln müssen.

Und haben Sie schon überlegt, wo Sie Schwerpunkte setzen wollen? 

Ein Schwerpunkt zu Beginn wäre die sogenannte Urlaubssteuer: Die brennt ja einigen unter den Nägeln und ich hoffe, dass wir da auch fraktionsübergreifend mit unserer Initiative auf Resonanz stoßen. Die
AfD hat im Arbeitskreis Tourismus auch schon etwas erarbeitet, was wir aber erst in der kommenden Woche bekanntgeben wollen.

Abwarten, was Verbände von der Politik wollen

Und was haben Sie noch vor?

Ich persönlich will erst einmal den Kontakt mit den verschiedenen Verbänden suchen und einfach zuhören, was die von der Politik, allen voran vom Tourismusausschuss, eigentlich erwarten.

Gab es solche Gespräche schon?

Es gab erste Kontaktaufnahmen von verschiedenen Verbänden und Touristikern, wie beispielsweise Reiseveranstaltern, auch die ersten Termine stehen schon. Gespräche in persona haben noch nicht stattgefunden, dafür gab es noch keine Zeit. Aber ich werde selbstverständlich mit jedem reden, der sich nicht dagegen wehrt.

Was halten Sie vom im Mai 2017 vorgelegten Tourismusbericht der Bundesregierung?

Interessant am Bericht fand ich, dass auch dort das Thema Sicherheit an Bedeutung zugenommen hat. Das gibt es ja gewisse Querverbindungen zu uns und unseren Kernforderungen. In Rheinland-Pfalz hat die AfD ein Positionspapier zum Hotel- und Gaststättengewerbe entwickelt, wo wir ebenfalls einige Themen genannt haben, die wir als grundlegend für einen florierenden Tourismus ansehen. Das wollen wir auf Bundesebene noch ausbauen.

Welche Themen sind das?

Zum Beispiel die Steuerpolitik. Oder das Thema Kosten für die Flugsicherheit, die in Deutschland ja noch komplett vom Kunden bezahlt werden müssen, anders als in den USA beispielsweise. Auch über die Luftverkehrssteuer kann man nochmal offen debattieren.

Wie ist da die Haltung Ihrer Partei? 

Zur Luftverkehrssteuer oder auch zur Bettensteuer gibt es noch keine einheitliche Meinung der Partei. Ich werde jetzt ein interfraktionelles Treffen der tourismuspolitischen Sprecher aller Landtagsfraktionen und der Bundestagsfraktion einberufen – und auf diesem Treffen werden wir endgültige Positionen zu diesen und zu anderen Themen erarbeiten. Ich persönlich bin der Meinung, dass man über deren Abschaffung zumindest diskutieren könnte. Aber um sich da als AfD wirklich positionieren zu können, müssen wir erst tiefer in die Materie eindringen.

Gilt das auch für die gewerbesteuerliche Hinzurechnung?

Da bin ich klar der Meinung, dass die weg muss – auch wenn ich weiß, dass das nicht einfach vom Bundestag beschlossen werden kann, da dies Ländersache ist. Im Raum steht ja eine Verteuerung von Reisen von bis zu fünf Prozent durch die gewerbesteuerliche Hinzurechnung. Da würde ich mir schon eine Entlastung wünschen. Zum anderen gibt es ja auch Probleme, wie das in der Praxis überhaupt zu berechnen ist.

Keine Meinung zum Emissionshandel im Luftverkehr

Auch der Emissionshandel im Luftverkehr bewegt die Branche. Wie ist die Haltung Ihrer Partei dazu?

Da haben wir uns als Partei noch keine Meinung gebildet. Auch die werden wir erst noch in Fachausschüssen erarbeiten.

In der Branche ist Ihre Ernennung zum Teil heftig kritisiert worden. Was sagen Sie dazu?

Ich finde es schade, wenn man kritisiert wird, ohne sich mit der Person auseinanderzusetzen. Wenn es Bedenken gegen mich gibt, dann kann man das gerne direkt ansprechen, ich stehe immer für ein Gespräch zur Verfügung. Ich glaube, dass würde viele Vorurteile abbauen. Ominöse Presseerklärungen rauszuschicken, das ist nicht der richtige Weg.

Eine Sorge ist, dass ein AfD-Politiker als Vorsitzender im Tourismusausschuss ein negatives Bild auf das Reiseland Deutschland wirft. 

Das sehe ganz anders. Ich glaube, dass wir eine demokratische Partei sind, die als drittstärkste Kraft im Bundestag sitzt. Und natürlich ist uns an einem florierenden Tourismus gelegen und daran, dass viele Menschen gerne nach Deutschland kommen. Wir freuen uns, wenn Gäste kommen. Deswegen sehe ich nicht, warum die Besetzung des Ausschussvorsitzes durch mich ein schlechtes Bild auf Deutschland werfen soll.

Immerhin steht Tourismus – so die Branche einhellig – für Weltoffenheit und Toleranz gegenüber Fremden. Ihre Partei hat da doch ein eher anderes Image. 

Ich halte die AfD für sehr tolerant und sehe da keinen Widerspruch.

Gegen Sie ist eine Bewährungsstrafe verhängt worden. Wie sehr belastet das Ihr Amt als Tourismusvorsitzender?

Ich habe mich nie an irgendwelchen gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligt und halte das Urteil gegen mich für schlicht falsch. Deswegen habe ich ja auch Berufung eingelegt – und gehe davon aus, dass der Richterspruch dabei gekippt wird. Zum anderen glaube ich nicht, dass der Prozess das Amt in irgendeiner Form belastet, schließlich hat er überhaupt keinen Bezug zum Tourismus oder zur Politik oder Ähnliches.

Aber doch zu Ihnen. Wäre es nicht klüger gewesen, bis zu endgültigen Klärung auf ein solches Amt zu verzichten?

Ich habe den Ausschussvorsitz ja nicht massiv angestrebt, sondern er ging – neben dem Rechts- und Haushaltausschuss – nun mal an unsere Partei. Ich sehe da jetzt keinen Grund, prophylaktisch auf einen solches Amt zu verzichten, wenn ich doch der festen Überzeugung bin, dass an den gegen mich erhobenen Vorwürfen nichts dran ist.

Und wenn das Urteil rechtskräftig wird?

Mit dieser Frage beschäftige ich mich nicht.

Die Fragen stellte travel tribune Herausgeber Th. Michael Schweizer.

 

© Titelfoto: https://freshideen.com/reisen-urlaub/nachhaltiger-tourismus.html

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