Mallorca kassiert wieder mal ab

Jürgen Drensek
Jürgen Drensek

Tourist go home! Refugees welcome! Das ist doch mal ne ganz neue Ansage. Verpiss dich, doofer Touri und überlass den Platz lieber den Flüchtlingen. Und interessant, dieses kritische Graffito prangte nicht etwa an einer Hauswand in Berlins neuem Szenebezirk Neukölln rund um die Weserstrasse, sondern mitten in Palma auf Mallorca. Die Baleareninsel, die dieses Jahr voraussichtlich im Sommer aus allen Nähten platzen wird, weil die Urlauber nach wie vor einen großen Bogen um die Türkei machen, und um Tunesien und Ägypten sowieso.

Da wehren sich die Bereisten frei nach Wilhelm Busch. Auch Touristen werden oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden.

Aber so ein Spruch ist natürlich selten dämlich und würde nicht nur vom Pegida-Mob und seinem internationalen Gesinnungs-Abschaum abgelehnt. Klar, es muss nicht groß diskutiert werden, dass die demokratisch so sehr gewollte Freiheit des Reisens für nahezu jedermann vor Ort nicht nur Segnungen bringt. Volumen-Tourismus schafft Probleme; auch, wenn die Bilanz letztendlich für das Ziel fast immer positiv ausfällt. Aber das sind halt nur statistische Werte, und keine Lösung für mulmige Gefühle im Bauch derjenigen, die sich zumindest in der Saison nicht mehr so recht wohlfühlen in ihrer Heimat.

Wie die Politik damit umgeht, ist in der Regel enttäuschend. Und da macht es keinen Unterschied, ob wir über Mallorca reden oder Berlin. Kreative Konzepte für gemeinsame Interessen sind Fehlanzeige. Dafür ist eine vermeintliche Lösung universell stets schnell zur Hand: wir steuern den Touristenstrom über Steuern. Kreativität wird da lieber in die Namensgebung investiert. Steuer klingt so uncharmant, also verbrämt man es als Öko-Abgabe, Kurtaxe, Kultur-Förder-, oder City-Maut, oder was es da an Bös-Deutschen Synonymen alles so gibt. Geld, was man erst mal einnehmen will, um dann mit Abstand und in Vergessenheit über die Verwendung zu entscheiden. Ganz im Sinne der Gäste natürlich, damit alles noch schöner wird, und noch mehr kommen, und sie noch mehr Steuern bringen… Das letzte sagt man natürlich nicht.

Jeder Politiker, der so etwas verspricht, einen spürbaren und gesteuerten Mehrwert einer solchen Abgabe, darf man ungestraft als Lügner bezeichnen. Das Geld kommt als zusätzliche Einnahme in den Haushalt, basta. Für nichts anderes wird es erhoben; im Vertrauen darauf, dass die eigene Bevölkerung nichts dagegen hat, weil sie ja nicht selbst betroffen ist.

Als ob Investitionen in einen Wirtschaftszweig, dessen Funktionieren für viele überlebenswichtig ist, eine freiwillige Ausgabe der öffentlichen Hand sei. Nein, sie sind eine Pflichtaufgabe, genau, wie die Förderung der Infrastruktur oder das Funktionieren einer bürgernahen Verwaltung.

Und deshalb sind diese Steuern, die es nämlich in Wahrheit sind, so eine Zumutung für die Reisenden. Sie werden bestraft dafür, dass sie einer Region Wohlstand bringen. Zu 45 Prozent ist das Wohl und Wehe Mallorcas von den Touristen abhängig. Über 13 Millionen werden es dieses Jahr sein. Einnahmen für Mallorca: über 12 Milliarden Euro. Jetzt sollen nochmal 80 Millionen Euro dazu kommen über die Steuer ab 1. Juli. Davon wird es keinen Deut schöner auf Mallorca. Auch im nächsten Jahr nicht. Wetten?

Deshalb werden die Gäste dieses Jahr die Wegelagerei, die für eine vierköpfige Familie leicht 100 Euro beträgt, am Ende des Urlaubs zähneknirschend auf den Rezeptionstresen legen. Mallorca erscheint halt dieses Jahr alternativlos. Aber weil sie ahnen, dass ihr Geld letztendlich nur genutzt wird, um hausgemachte Haushaltslöcher zu stopfen, werden sie nachtragend sein mit ihrer unschlagbaren Waffe Liebesentzug. Wäre ja nicht das erste Mal, dass solche fiskalischen Ideen genauso schnell verschwinden müssen, wie die Amateur-Regierungen auf der Insel. Das einzig Gute an den Wand-Schmierereien: sie werden so manchen AFD-Wähler mit seinem teutonischen Nazi-Bauch verunsichern, auf einmal in einer ganz ungewohnten Rolle zu sein.

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