Was, Sie leben in Alaska?

Brigitte von Imhof mit dem Nachbarhund
Brigitte von Imhof mit dem Nachbarhund

Brigitte von Imhof über einen ungewöhnlichen Arbeitsplatz

Wenn es Nacht ist in Alaska … sitzt Brigitte von Imhof oft am Laptop oder Telefon. Denn in zwei komplett verschiedenen Zeitzonen zu arbeiten, hat gewisse Tücken – auch wenn im Internetzeitalter gerne das Gegenteil behauptet wird. Wie es wirklich ist, beschreibt die Reisejournalistin ganz persönlich:

Dank Internet können wir Journalisten (und nicht nur die) heutzutage an nahezu jedem Ort der Welt arbeiten und jederzeit mit Kommunikationspartnern in Verbindung treten. Diesen Vorteil weiß ich sehr wohl zu schätzen, seit ich vor zwölf Jahren einen Mann aus Alaska heiratete und wir zwischen unseren Wohnorten in Tirol und Alaska hin und her pendeln.

Egal, an welchem Projekt ich gerade sitze – nach einer Langstreckenflug-Unterbrechung kann ich den Faden wieder aufnehmen, wo ich ihn rund 12.000 Kilometer entfernt fallen gelassen habe.

So ganz Handicap-frei ist diese Konstellation jedoch nicht. Den bei zehn Stunden Zeitunterschied unvermeidlichen Jetlag mache ich mir zunutze, indem ich um drei Uhr morgens glockenhellwach meine E-Mails checke und beantworte, die über Nacht eintrudeln. Denn, wenn ich in Alaska ins Bett gehe, beginnt in Europa gerade der neue Tag.

Dieses Nachts-schnellmal-an-den-Rechner kann jedoch zur Gewohnheit werden. Irgendwie schwingt immer der Gedanke mit, dass eine oder mehrere wichtige Nachrichten dabei sind, auf die man besser gleich reagiert.

Doch irgendwann muss man sich vom Ehemann die Bemerkung gefallen lassen, dass sich dieser Jetlag nach drei Wochen allmählich gelegt haben müsste…

In der täglichen Korrespondenz spielt die Tatsache, dass ich in Alaska bin, meist keine Rolle. Sie bleibt unerwähnt, weil unmaßgeblich. Beim Vereinbaren von Telefoninterviews muss ich jedoch mit der Wahrheit herausrücken, dass beispielsweise der vorgeschlagene Termin um 12.30 MEZ für mich (bei der es dann 2.30 Uhr ist) eher suboptimal ist.

Doch wenn so ein Interviewpartner eben nur zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung steht, lässt sich auch das nicht immer vermeiden. Dann hilft nur eines: Wecker stellen und sich mit einer Tasse Kaffee oder besser zwei munter machen.

Manchmal kommt es vor, dass jenem Telefonpartner kurzfristig etwas dazwischen kommt und der Spaß auf die Nacht darauf verlegt werden muss. Hat man den Gesprächspartner dann glücklich an der Strippe passiert meist folgendes: „WAS? Sie rufen wirklich aus Alaska an? Das ist ja irre!“ „Wie leben Sie den da?“ „Ich schau‘ eigentlich ganz wenig fern. Aber immer, wenn etwas über Alaska kommt, schalte ich ein.“ „Ist es da nicht kalt bei Ihnen? Und immer dunkel?“

Solche aufgeregten Reaktionen führen mir immer wieder aufs Neue vor Augen, wie „exotisch“ Alaska auf die meisten Leute wirkt – während es für mich längst schöne Normalität ist. Dabei sind die meisten meiner Gesprächspartner durchaus weit in der Welt herumgekommen oder gar in der Reisebranche tätig.

Ich gebe gerne Auskunft über mein Leben und den Alltag in meiner angeheirateten Zweitheimat. Aber ich verschweige, dass erst heute frühmorgens zwei Schwarzbären bei uns in der Einfahrt versucht haben, unsere verschließbare Mülltonne aufzuknacken. Sonst hätte ich nämlich meine Chance verspielt, zum eigentlichen Thema zu kommen.

Dies ist ein Artikel aus der aktuellen Ausgabe des Columbus-Magazins.

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