Aus unseren Reihen kam in der Vergangenheit öfter die Frage, eigentlich ein Wunsch: Können wir mit unserem VDRJ-Ehrenpreis nicht auch einmal jemanden aus unseren eigenen Reihen auszeichnen? Gleichzeitig wurden dann Bedenken laut: Wäre das nicht zu viel des Selbstlobs? Machen Reisejournalisten und -journalistinnen nicht einfach ihren Job?
Du, lieber Christoph Ammann, bist ein Mensch aus dem Reisejournalismus, der voll die Kriterien unseres VDRJ-Ehrenpreises erfüllt: „hervorragende Leistungen im Tourismus“. Mit dieser Auszeichnung bringen wir Dir und Deiner Lebensleistung unseren Respekt und unsere große Hochachtung zum Ausdruck – und dies gleich in mehrfacher – in vierfacher – Hinsicht.
35 Jahre Karriere im Reisejournalist
Viele von uns kennen und schätzen Dich aus Deiner langen Zeit als Resortleiter der Wochenzeitungen SonntagsBlick und Sonntagszeitung. Für diese verantwortungsvollen Positionen konntest Du auf Deine fundierte Ausbildung an der Ringier-Journalistenschule bauen. Heute bringt kaum ein Kollege oder eine Kollegin so viel Erfahrung an den Tisch.
Über 35 Jahre dauerte Deine hauptberufliche Karriere – allein dies ist eine beachtliche Leistung. Denn es gibt immer weniger und immer kleinere Reiseteile, viele werden ausgesourced oder von Agenturen bespielt. Print tut sich zunehmend schwer und Schlagworte wie Digitalisierung oder Künstliche Intelligenz beschäftigen auch unsere Branche. All diese Veränderungen hast Du erlebt und begleitet.
Du bist und bleibst ein Reisejournalist, der mit vollem Herzen dabei ist und der Sache auf den Grund geht. Selbst heute, mit Baujahr 1957 nun offiziell im Ruhestand, kannst Du es nicht lassen: Du wirkst weiter journalistisch, übernimmst freiberuflich Reisebeilagen, schreibst für eine Hotel-Fachzeitschrift und bist auch mit Projekten im PR-Bereich aktiv.
Erfolgreich ohne Sehkraft
Dabei – und dies ist die zweite und in der Branche einmalige Leistung – lebst mit einem Handicap, denn eine Erbkrankheit hat Dich 2010 vollständig erblinden lassen. Eine Herausforderung, die es für viele kaum vorstellbar macht, weiterhin im Reisejournalismus beruflich aktiv und erfolgreich zu sein. Du beweist, dass dies möglich ist: Du arbeitest ohne Deine Sehkraft. Vielmehr nutzt Du Deine anderen Sinne, vor allem Dein Gehör!
So erfüllst Du weiterhin alle Aufgaben eines Reisejournalisten mit Bravour: Du reist, schreibst und redigierst sogar weiterhin Artikel anderer Autoren. Wie eigenständig Du dabei bist, habe ich vor einigen Jahren erlebt, als wir uns das erste Mal persönlich kennengelernt haben. Wir waren damals mit Ras Al Khaimah für ein Pressegespräch in Zürich: Du kamst ohne Begleitung in das arabische Restaurant und hast Dich den ganzen Abend über rege beteiligt – und, so mein Eindruck, wohl gefühlt.
Du hast erzählt, dass es nicht ganz ohne die Hilfe der „little Friends“ geht. Das sind zum einen technische Hilfen wie spezielle Computerprogramme, die Dir Texte vorlesen. Das sind Menschen – Freunde und Familienmitglieder -, die Dich beispielsweise auf Pressereisen unterstützen. Allen voran Deine Ehefrau Michaela, die mit Dir nach Frankfurt gekommen ist und auch heute an Deiner Seite ist. Darüber freuen wir uns sehr!
Neue Qualität im Reisejournalismus
Wir finden – und damit haben wir einen dritten Grund für Deine Ehrung: Auch Sehende können von Dir lernen! Gerade weil, wie schon angesprochen, der Reisejournalismus im Umbruch ist. Viele Kolleginnen und Kollegen suchen nach neuen Erfolgswegen, weg von der klassischen Reportage „und gülden geht die Sonne unter“. Du sagst: „Ich bin eher hintergründiger geworden, vielleicht auch kritischer.“ Gleichzeitig setzt Du auf die „Ambiance“, in die Du Dich einfühlst, und hängst die Geschichte an Protagonisten auf, die spannende O-Töne liefern.
In einem Interview hast Du dazu gesagt: „Blindheit entbindet von optischer Ungerechtigkeit. Ich spüre die Aura eines Menschen und habe weniger Vorurteile als früher.“ Damit setzt Du andere Akzente und erreichst eine neue Qualität im Reisejournalismus! Dass Du in Branchen-Spezialbereichen wie der Hotellerie unterwegs bist, zeigt, dass auch Fachbereiche wie dieser Chancen für Reisejournalisten bieten.
Mutmacher für alle Menschen mit Handicap
Last but not least: Du bist ein Mutmacher für alle Menschen mit Handicap – ein wunderbares Beispiel, dass auch dann man/frau ein selbstbestimmtes Leben führen, Barrieren überwinden und erfolgreich sein kann. Es ist möglich, das Schicksal zu meistern und sogar Vorteile daraus zu ziehen. Es wäre schön, wenn unser VDRJ-Ehrenpreis auch diese Botschaft weitertragen würde. Dir persönlich wünschen wir noch viele Jahre – solange Du selbst es möchtest – bunt gefüllt mit spannenden Projekten und schönen Reisen! Mit großer Bewunderung und Verneigung vor Deiner hervorragenden Leistung – ja, Deinem Lebenswerk – ehren wir Dich mit unserem VDRJ-Ehrenpreis 2024! Herzliche Gratulation und willkommen in der Hall of Fame der VDRJ!