Auf einem guten Weg
In der Jury gab es dieses Jahr eine kleine Veränderung. Astrid Zand von der Messe Berlin macht ein Sabbatjahr und wird nächstes Jahr zurückkehren. Zum ersten Mal mit dabei war Kameramann Nicolai von Graevenitz. Nikolai ist nicht nur ein herausragender Reisefilmer, er ist ein echter Wanderer zwischen den filmischen Welten, dreht neben Reisefilmen auch Commercials und Primetime-Spielfilme. Daneben in der Jury: Onlinejournalist Till Bartels vom Stern, WDR-Mann Richard Hofer, VDRJ-Cutter Thorsten Pengel und ich.
Neben der sehr positiven Resonanz was Zahl und Qualität der eingereichten Filme angeht, hat es mich dieses Jahr besonders gefreut, dass es mit Hilfe der PR-Kollegin Catherine Bouchon aus der VDRJ gelang, einen Hotelpartner für den Columbus-Filmpreis zu gewinnen. Zwei Tage sind für die Jurysitzung notwendig, da lassen sich Hotelübernachtungen nicht umgehen und wir brauchen natürlich auch einen Raum, um Filme zu sehen und uns darüber auszutauschen.
All das taten wir dieses Jahr im Lindner-Hotel am Kudamm in Berlin. Ein wenig Werbung sei daher hier erlaubt: Wer also in nächster Zeit einen Trip in die Hauptstadt plant, dem sei das zentral an der Gedächtniskirche gelegene Hotel ans Herz gelegt, wir haben uns hier sehr wohl gefühlt, herzlich umsorgt von einem netten Team in einem wirklich schönen Viersternehotel.
Die intensiven Diskussionen in der Jury zeigten dieses Jahr aufs Neue wie sinnvoll es war, sich von der Unterteilung in Kurz- und Langformate zu verabschieden und in einzelnen Kategorien herausragende Leistungen einzelner Filmschaffender gezielt zu prämieren, von Kameraleuten genauso wie von Autoren, Cuttern und Regisseuren. Und auch die Öffnung des Preises hat dieses Jahr weitere Früchte getragen. Konnten früher nur Fernsehredaktionen mögliche Kandidaten nominieren, können jetzt auch die Filmemacher selbst Filme einreichen. Auch eine Fernsehausstrahlung ist nicht mehr zwingend notwendig. Für uns gilt: Ob TV-Auftragsproduktion, freie Produktion für Kino, Festival oder das Netz, ganz gleich – entscheidend ist nur die Qualität des Films und der Erstausstrahlungstermin im Jahr 2016. Dass der Hauptpreis der Jury dieses Jahr an einen Film geht, der auf eigene Faust gemacht wurde und erst im Nachhinein doch noch seinen Weg ins Fernsehen fand, paßt da ganz gut ins Bild.
Drei Kategorienpreise haben wir vergeben.
Den Anfang machte Christoph Karrasch mit einem wirklich außergewöhnlichen Filmprojekt.
Stimmt es, dass jeder Mensch über höchstens sechs Ecken mit jedem anderen Menschen auf der Erde persönlich verbunden ist? Das war seine Ausgangsfrage für zwei sehr ungewöhnliche Reisefilme. Einer führte ihn zum nördlichsten Leuchtturm Europas und die zweite Reise zur ersten Frau, die in Indien das Surfen populär gemacht hat. Lebendig erzählt, mit viel Raum für Spontaneität und ungewöhnliche Begegnungen. Eine neuartige Heldenreise, von uns bedacht mit dem Columbus in der Kategorie Innovation.
In der Kategorie Kamera lieferten sich zwei sehr unterschiedliche Filme bis zum Schluß ein Kopf an Kopf-Rennen.
„Zwei aus dem wilden Westen“, eine Arte-Produktion, die Schauspielerin Marie Bäumer gemeinsam mit einem Langstreckenreiter Amerikas mythische Cowboylandschaften durchqueren läßt. Und „Meine Traumreise: Norwegen“ vom saarländischen Rundfunk, die zwei junge Surfer zeigt, die einen ganzen Winter in einer eisigen Bucht nördlich des Polarkreises verbringen. Beide Filme waren außergewöhnlich gut fotografiert, für die SR-Produktion gab letztlich den Ausschlag, das hier wirklich alles wie aus einem Guß war, und dazu jedes Bild, jede Einstellung die filmische Erzählung voranbrachte.
In der Kategorie Info / Ethik vergeben wir nicht jedes Jahr einen Preis, dieses Mal aber war es wieder so weit.
„Erzähl mir Europa“ der beiden jungen Filmemacher Nil Varol und Alexander Glodzinski wagt sich an die ganz großen Fragen:
Welche Erzählung von Europa gibt es im Osten, in den Transitländern, in Kerneuropa, in den alten westlichen Kolonialmächten? Gibt es überhaupt noch so was wie eine gemeinsame europäische Idee?
Im Sommer 2016 waren Varol und Glodzinski in ganz Europa unterwegs und trafen Schriftsteller, Filmregisseure und Theatermacher. Heraus kam eine intensive Bestandaufnahme für „Kulturzeit Extra“ auf 3Sat, die auch filmisch zu überzeugen wußte. Mit aufwendig gestalteten Animationen und einprägsamen, gut komponierten Realbild-Übergängen.
Unseren Hauptpreis, den goldenen Columbus, gab es dann für eine in vielerlei Hinsicht ungewöhnliche Produktion.
Monte Sarmiento – die weiße Diva, gemacht von Extrem-Kameramann und Regisseur Jochen Schmoll. Drei Bergsteiger begleitet er zu einem geheimnisvollen Berg in Feuerland am anderen Ende der Welt. Für Jochen ein echtes Herzensprojekt, vor seiner Abreise hatte er noch keinen Fernsehpartner, er startete auf eigene Faust in Eigenregie. Und wie! Drohnenaufnahmen auf verschneiten Gipfeln, Slow Motion-Einstellungen des eiskalten Südatlantiks und eindrucksvolle Nahaufnahmen der Bergsteiger bei Windgeschwindigkeiten von über fünfzig Stundenkilometern. Das ist ganz großes Kino, dieser Film haut einen visuell wirklich aus den Schuhen und zeigt wie viel sich mit unbändiger Leidenschaft erreichen läßt. Das gilt für die sympathischen und lebensklugen Bergsteiger genauso wie für Schmoll als Filmemacher. Und dass sah dann wohl auch Michael Pause vom BR ganz ähnlich. Nach Jochens Rückkehr aus Feuerland kaufte er den halbstündigen Film für seine Reihe Bergauf-Bergab im bayrischen Rundfunk.
Zum Schluß ein kurzes Fazit. Seit fünf Jahren bin ich jetzt als Geschäftsführer für den Filmpreis verantwortlich. Die Arbeit macht Spaß und es ist schön zu sehen, wie viele Filme auch dieses Jahr wieder mit Qualität und ungewöhnlichen Zugängen überzeugen konnten. Die Branche ist im Umbruch aber sie ist auch sehr lebendig.
Und die insgesamt 43 Einrechungen toppen noch einmal das Rekordergebnis aus dem Vorjahr und zeigen die stetig wachsende Akzeptanz und Popularität unseres Preises in der Branche. Der Columbus-Filmpreis ist auf einem guten Weg.