Der Preisträger Columbus Ehrenpreisträger des Jahres 2005 – der Leiter der Thomas-Morus-Akademie Bensberg, Dr. Wolfgang Isenberg – gehört nicht zu den akademischen Marktschreiern, die im Auftrag geschickter PR-Strategen vermeintliche Trends setzen und in Wahrheit nur heiße Luft produzieren. Isenberg fragt nach und will keine schnellen Antworten in einer Zeit unübersichtlicher Vielfalt touristischer Angebote. Das Phänomen Urlaub zu entziffern für die, die ihn „verkaufen“, ist eines seiner Ziele.
Eine solche Karriere kommt nicht von ungefähr. Doch selbst, wenn sie nicht planbar ist – ihre tragfähigen Fundamente werden frühzeitig gelegt. So auch bei Wolfgang Isenberg, Jahr- gang 1952. Schon als der Pfadfinder mit seinen Gruppen auf Tour ging, gerieten die Exkursionen zu pädagogischen Planspielen. Ihm fiel immer wieder Originelles ein. „Ortserkundung ohne Sprache“ hieß es zum Beispiel. Es ging darum, Graffiti zu deuten und, ohne sich verständigen zu können, möglichst viel über Dorf und Umfeld herauszufinden, allein durchs Hinsehen: Spannung pur und Abenteuer dazu für die jugendlichen Teilnehmer. So wie „Schafe statt Bomben“, ein Reiseprojekt, das die Jungen 1973 auf die öde Hochebene zu Füßen des Larzac in Südfrankreich führte. „Prognostic GmbH“ hieß es drei Jahre später bei einer Simulationsaufgabe: Wie soll – am Beispiel Berchtesgadens gefragt – der Kurort der Zukunft aussehen?
Der Studienkreis für Tourismus witterte touristischen Spürsinn. Erste Kontakte, die sich bald vertieften. Etwa bei der Tagung „Jugendreisen – Jugendbegegnung“, die 1978 von der Evangelischen Akademie Tutzing durchgeführt wurde; „Freizeitpapst“ Horst W. Opaschowski und Ferdinand Ranft von der „Zeit“ waren auch dabei.
Schon drei Jahre später zeichnete der engagierte junge Mann, der seiner Reise- und Welterkundungslust folgend Geographie, Romanistik und Erziehungswissenschaft studiert hatte und einen geographischen Promotionsstudiengang oben drauf setzte, selbst verantwortlich.
„Familien im Urlaub“ hieß die erste Studienkonferenz, die er als Referent und Dozent der Bensberger Thomas-Morus-Akademie in Zusammenarbeit mit dem Studienkreis durch- führte – Initialzündung für das touristische Schwergewicht, das die spätere Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit bestimmen sollte, obwohl es im Gesamtgefüge nur eine, wenn auch wesentliche Facette sein kann. Im November 1982 ging es bei der zweiten von insgesamt elf gemeinsamen Veranstaltungen mit dem Studienkreis wiederum um „Jugendreisen – Jugendaus- tausch in den 80er Jahren“, seinerzeit ein brisantes Thema: Einerseits gingen den großen gemeinnützigen Reisediensten die Gelder aus, andererseits drängten viele kleine neue Veranstalter in den Markt, die der veränderten Erwartungshaltung junger Leute entsprechen wollten.
Mit der „Lernbörse Reisen“, die seit 1984 jahrzehntelang das Dach für Gedanken- und Erfahrungsaustausch für das neu zu gestaltende Metier Jugendreisen bot, schuf Isenberg den gegensätzlichsten Meinungen und gemeinsamen Interessen eine Heimat, deren offene Atmosphäre sich als äußerst frucht- bar erwies. Von ihr ging nicht allein die Gründung des heute größten Jugendreiseverbands „Reisenetz“ aus, auch die „Stattreisen“-Gruppen, die sich damals als alternative Anbieter für Stadtführungen besonderer Art zu etablieren begannen und Modell standen für die heute gängigen personen-, polit-, jedenfalls themenbezogenen Rundgänge in den Kulturmetropolen, hatten auf der alljährlich stattfindenden „Lernbörse“ im Bonner Haus Venusberg ihr erstes Forum. Hier wurden Modell seminare für Jugendreisen und internationale Jugendbegegnungen ebenso auf den Weg gebracht wie der Forscher-Praktiker-Dialog zum Thema oder der Experten-Arbeitskreis für „Schulische Reisen“.
„Die ‚Lernbörse‘ war die Mutter aller Fachtagungen, die Drehscheibe der Szene“, schreibt Werner Müller, Geschäftsführer von transfer e.V. in Köln und Gefährte Isenbergs. Vom Referenten und Dozenten zum Studienleiter und 1987 mit 35 Jahren zum Direktor der traditionsreichen Katholischen Thomas-Morus-Akademie gekürt – eine Bilderbuchkarriere. „Ja, ich habe Glück gehabt“, sagt Wolfgang Isenberg. Glück, aber nicht vom Himmel gefallen, sondern selbst geschmiedet. Wer nur einen Blick auf das pralle Tagungsprogramm und die Liste der Bensberger Veröffentlichungen wirft, ahnt, wie viel Engagement und welcher Arbeitseinsatz dahinter stehen.
Doch die ungewöhnliche Breitenwirkung dieser regionalen Akademie wird nicht allein dem Fleiß, sondern einer Persönlichkeit mit offenem Blick und feinem Gespür für gesellschaftliche, eben auch touristische Veränderungen verdankt. Einem Mann, dem es als Initiator von Kommunikation wichtig ist, im Zeitalter zunehmender Ökonomisierung, Veränderung der Arbeitswelt, der Unternehmungskultur und des Führungsstils sowie der Vielperspektivität den Austausch unterschiedlicher Wahrnehmungen, divergierender Meinungen und Positionen zu initiieren und zuzulassen. Er lernte und lehrte, Widersprüche auszuhalten: „Auf diesem Fundament ruht der inter- religiöse wie interkulturelle Dialog, dem sich die Akademie verpflichtet fühlt“.
Damit nicht genug, ist Wolfgang Isenberg seit Anfang 2011 Mitglied des TUI Think Tanks, einer von der TUI AG ins Leben gerufenen Denkfabrik für „Freizeit und Tourismus“. Hier schaut der Direktor der Thomas-Morus-Akademie mit seinen Kollegen einmal mehr hinter die Kulissen des Tourismus und versucht, die prägenden Entwicklungen und Trends der kommenden Jahrzehnte aufzuspüren. Dadurch sollen langfristig einflussreiche und prägende Entwicklungen und Trends für die touristische Industrie identifiziert, diskutier und bewertet werden.
Im Jahre 2005 hat die VDRJ Dr. Wolfgang Isenberg den Columbus Ehrenpreis verliehen, weil er es schafft, das Phänomen Urlaub für die zu entziffern, die ihn verkaufen wollen.
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