VDRJ Columbus Autorenpreis 2015

Junge Sterne

Im Jahrgang 2015 lässt der Nachwuchs die alten Hasen hinter sich.
Ein Generationenwechsel?

Jeder Jahrgang ist anders. Aber 2015 ist ein besonderer in der Geschichte des Columbus-Autorenpreises. Drei Kategorien – und drei Mal siegen Autorinnen und Autoren, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ihrer Reportage das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten.

Von einem Generationenwechsel zu sprechen, ist verfrüht. Doch die Freude über diese jungen Talente ist groß. Unangepasst und kritisch, idealistisch und ohne Scheuklappen: So lesen sich die Siegergeschichten. Schön zu sehen, dass die junge Generation das Thema Reise so begreift wie sie es in ihren Reportagen zeigt.

Kategorie lang

Sebastian Erb ist der Sieger der Kategorie Lang. Der Redakteur der TAZ, Jahrgang 1984, reist nach Abchasien, einem umkämpften Stück Land, das sich an die Küste des Schwarzen Meeres schmiegt, gebeutelt vom Krieg. De jure ist Abchasien ein Teil von Georgien, de facto ist es seit gut 20 Jahren unabhängig. Hier vermisst der Berliner den kürzesten Fluss der Welt, den Reprua. 18 Meter lang sollte er sein. Am Ende der Reise steht fest: Wikipedia weiß doch nicht alles, der Reprua ist in Wirklichkeit knapp 27 Meter lang. Warum man so etwas tut? Warum nicht?!
„Ein Reiseteil braucht solche verrückten Geschichten“, meint Juror Stephan Orth. Die „humorvolle Schreibe mit Kichereffekt“ (Doris Ehrhardt) des Autors macht aus „der skurrilen Erzählung“ (Andreas Steidel) dann endgültig echten Lesegenuss.

Kategorie kurz

Der Gewinner der Kategorie Kurz ist Christopher Piltz. Die Geschichte des jungen Hamburgers (Jahrgang 1988)  stößt uns als Journalisten mit der Nase auf ein nicht unbekanntes Problem: Geheimtipps. In Zeit Campus schildert Piltz die dramatische Veränderung einer Berliner Szene-Bar, nachdem sie ohne eigenes Zutun als Tipp im Bordmagazin von easyJet landet. Vier Wochen und vier Millionen potenzielle Leser reichten, um die Seele des Ladens völlig zu zerstören. Bald kamen mehr Touristen als Einheimische. Dann noch mehr Touristen. Und dann Türsteher, die das „Problem“ in den Griff bekommen sollten. Am Ende steht die Schließung des Ladens.

„Die Geschichte hinterfragt unser Reisen auf drastische Art und Weise“, würdigt Jurorin Mona Contzen die Reportage. Stephan Orth wiederum findet vor allem den Perspektivwechsel gelungen, der uns als Reisende hinter den Tresen des  „Fuchs & Elster“ zwingt. „Die Schilderung der Wehrlosigkeit und des Ausgeliefertseins“ (Dorothée Stöbener) machen diese Geschichte groß.

Nachwuchspreis

Der Nachwuchspreis geht an Theresa Breuer. Für die Zeitschrift Stern reist die junge Freiberuflerin acht Tage lang nach Bagdad. Die Stadt kennt sie: Fast zwölf Jahre lang hat die in Wiesbaden lebende Autorin Bagdad als Ort des Schreckens erlebt. Als eine Stadt, die vom Einmarsch der Amerikaner, von religiöser Gewalt und Selbstmordanschlägen zerfressen wurde.  Ihre wortgewaltige Reportage aber bringt die Hoffnung zurück, zeigt Blüten der Veränderung, „stellenweise gar eine verloren geglaubte Normalität“ (Christian Leetz). Die Jury würdigt die politische Dimension dieser Reportage, „die keine gewöhnliche Reisereportage ist“ (Joachim Negwer). Es ist Theresa Breuer gelungen, eine Geschichte über Bagdad zu machen, die sich nicht um Krieg und Zerstörung dreht, „sondern um Aufbau und Zukunft“ (Andreas Steidel).

Die Jury 2015

Barbara Liepert, FAZ/FAS
Dorothée Stöbener, ZEIT
Mona Contzen, Funke Medien NRW
Doris Ehrhardt, Freie Journalistin
Lena Schumann, Gebeco
Stephan Orth, Spiegel Online
Michael Zehender, DPA
Joachim Negwer, cross media redaktion
Andreas Steidel, Freier Journalist
Christian Leetz, Geschäftsführer VDRJ

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