Migration ist eines der ganz großen Themen unserer Zeit. Die deutsch-türkische Filmemacherin Candan Six-Sazmaz entdeckt in ihrem neunzigminütigen Dokumentarfilm „Almanya in Anatolia – Wie deutsch ist die Türkei“ dabei neue, spannende Perspektiven. Erzählt wird die Geschichte von deutschen Auswanderern in die Türkei, einige von ihnen leben bereits in vierter Generation am Bosporus, andere erst seit wenigen Jahren. Diese Prämisse ist die innere Klammer für eine 5500 Kilometer lange filmische Rundreise durch 34 der 81 türkischen Provinzen.
In sorgfältig komponierten Einstellungen (Kamera: Björn Lindenblatt) erleben wir wohlbekannte touristische Highlights wie Istanbul, Kappadokien oder die Mittelmeerküste, aber auch unbekannte Orte in einem Land, mit dem Deutschland seit Jahrhunderten in besonderer Weise verbunden ist. Dass die Filmemacherin genau wie ihre ProtagonistInnen in beiden Kulturen zu Hause ist, verleiht dem Film seine besondere Authentizität und erzählerische Kraft.
Und er regt immer wieder zum Nachdenken an. Wie sehe ich mich und meine eigene Identität? Was braucht es, damit Menschen verschiedener Kulturen gut miteinander klarkommen? Und wenn ich in zwei Ländern zu Hause bin – wo werde ich glücklicher sein und mich mehr zu Hause fühlen?
Alles gut und schön mag sich jetzt die eine oder der andere denken – aber ist das überhaupt ein Reisefilm? Diese Frage begleitet mich seitdem ich die Filmpreis-Jury leite und wir haben sie immer wieder leidenschaftlich diskutiert. Im Fall von „Almanya in Anatolia“ waren wir uns allerdings schnell einig. Die 3sat-Produktion verbindet lebendig und frisch erzählte Portraits von bemerkenswerten Menschen mit tollen Landschaftsaufnahmen und Roadmovie-Gefühl – ein Reisefilm im besten Sinn also.
Almanya in Anatolia – Wie deutsch ist die Türkei
- Buch & Regie: Candan Six-Sazmaz
- Kamera: Björn Lindenblatt
- Schnitt: Michael Scheffold
- Redaktion 3sat: Wolfgang Aull
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