Ehrenpreis 2009 Laudatio auf Karl Born von Rolf Noeckel

Karl Born

Lieber Professor Born,

liebe Mitglieder und Freunde der Vereinigung der Deutschen Reisejournalisten,

liebe Gäste !

Sonntags in Deutschland, 20.15 Uhr. Immer wieder dasselbe Ritual. Das Bier ist kalt, die Kartoffelchips sind knusprig, die Spannung steigt.

Ganz Deutschland sitzt vor der Glotze und freut sich auf 90 Minuten mit Schimanski, Batic, Odenthal oder Ballauf. Ganz Deutschland freut sich auf den neuen Tatort.

Ganz Deutschland? Nein. In einem kleinen Arbeitszimmer in einem beschaulichen Städtchen nahe Hannover wuselt ein Mann in einem Berg von Papier. Es sind Notizen, die er sich  im Laufe der vergangenen Woche gemacht hat. Stichworte,  Zitate, Wortfetzen. „TUI: Da schlag ich zu“ steht da. Oder „ITB: Lufthansa fliegt vorbei.“ Oder „Dschungel-Camp: Reise-Luder gesucht.“ Oder „Pin-Up-Kalender: Laepple präsentiert Reise-Bosse.“ Es sind Merkzettel, aus denen Denkzettel werden.

Sonntags in Wedemark, 20.15 Uhr. Immer wieder dasselbe Ritual. Der Mann googelt, der Mann schreibt, der Mann hört und sieht die aktuellen Nachrichten, der Mann vernichtet knackige Plätzchen und trinkt lauwarmes Mineralwasser. Und das alles stundenlang.

Sein Tatort ist die große, weite Reisewelt. Sein Name: Hauptkommisar Born, Karl Born. Besondere Kennzeichen: bissig.

Die Ergebnisse seiner nächtlichen Eskapaden erwarten wir alle, die wir im Tourismus tätig sind, mit Spannung immer wieder montags im Newsletter mit dem Markenzeichen „BBB“ – mal gewürzt mit einer guten Portion Humor, mal mit einer knochenharten Offenheit, mal ironisch, mal sarkastisch. Auf jeden Fall stets ausgezeichnet durch Sach-, Fach- und Menschenkenntnis. Eine Michung, die Reisemanager ebenso immer aufs Neue staunen lässt wie Reisejournalisten.

Ohne Respekt vor den großen Tieren der Tourismusbranche hat Karl Born bisher 396 Mal die Merk- und Denkwürdigkeiten des Reisegeschäfts messerscharf aufs Korn genommen. Er hat dabei für Durchblick in dieser verwirrenden Schönwetter-Industrie gesorgt und stets – nachdrücklich – die Interessen der reisenden Menschen vertreten.

Die Vereinigung der Deutschen Reisejournalisten hat Karl Born zu ihrem Preisträger 2009 gekürt, weil er sich besondere Verdienste um den Tourismus, um die Fortentwicklung des Reisens, erworben hat. Und das nicht nur durch „Borns Bissige Bemerkungen“. Warum also noch?

Karl Born, 1943 in Konstanz geboren, lernte Industriekaufmann und schloss danach sein Studium als Diplom-Betriebswirt ab. Bei der Fluggesellschaft Condor stieg er zum Verkaufschef auf. Dann setzte er als TUI-Vorstandsmitglied von 1992 bis 2000 Akzente. Innovative Maßstäbe, die die gesamte Reisebranche umkrempelten. Karl Born erfand den im Reiseticket enthaltenen „Zug zum Flug“ – einen wichtigen Beitrag für unsere Umwelt, dem inzwischen zahlreiche weitere Veranstalter gefolgt sind.

Karl Born legte fest, dass in den vier Wochen vor Abflugdatum Änderungen bei den Flugdaten nicht mehr vorgenommen werden dürfen. Auch das Beschwerde-Management im Zielgebiet mit der zeitnahen Entschädigung für Reisemangel war eine Born-Idee.

Als er im Jahr 2000 wegen Differenzen über die Unternehmenspolitik seinen Vorstandsposten bei TUI aufgab, startete er seine zweite Karriere. Als Professor für Touristik-Management der Fachhochschule Harz brachte Karl Born 259 Studenten zum Abschluss. Seine Vorträge, Vorlesungen und Bücher über Touristik-Management bescherten der Reisebranche zahlreiche wertvolle Anstöße. Auch war Karl Born der erste Fachmann, der sich mit „Reisen in Zeiten des Terrorismus“ befasste.

Als gefragter Interviewpartner für Zeitungen, Radio und Fernsehen hat Karl Born beigetragen, die oft komplizierten Zusammenhänge der Reisebranche verständlich zu machen. „Focus“ urteilte: „Karl Born zählt zu den beschlagensten Touristikern der Branche.“ Für den MDR gilt Born als „der führende Tourismus-Experte in ganz Europa“. Und mit ein wenig Stolz darf ich anmerken, dass Karl Born im Reise-Magazin der Westdeutschen Zeitung plus (also in meinem) hin und wieder als Kolumnist in Erscheinung tritt. Etliche meiner Leser danken es ihm in Form von Leserbriefen.

Den Großteil seiner Wirkung verdankt der Querkopf und Querdenker aber dem Internet und seinen „BBB“, die mittlerweile 2738 Abonnenten haben und darüber hinaus über die website www.karl-born.de im vorigen Jahr mehr als 300 000 Menschen erreichten.

Köstlich und mittlerweile als „Klassiker“ gerühmt sind „Die Lufthansa-Stewardess hat gelächelt.“ Oder „Wie schützenswert ist das Bachneunauge am Flughafen Münster?“

Borns bissige Bemerkungen sind mitunter ganz schön schmerzhaft. Zum Beispiel, wenn seine Bemerkungen eine Branche attackieren, die in Sachen Qualität stets den Mund voll nimmt, aber zu oft die Qualität als lästigen Kostenfaktor ansieht. Oder wenn er, wie zu Beginn dieser ITB, die Branche aufrütteln will, nicht den historischen Fehler des Jahres 2002 zu wiederholen und das Reisejahr bereits jetzt verloren zu geben.

Karl Born sagt, was viele nicht wissen und viele sich nicht trauen zu sagen. In diesem Sinne ist Karl Born ein ehrenwerter Kollege aller engagierter Reisejournalisten.

Zum Schluss noch ein wenig Insiderwissen über unseren Preisträger, damit wir alle nachher beim Umtrunk noch ein wenig Gesprächsstoff und Branchenklatsch haben:

Seine allererste Urlaubsreise führte Karl Born als 21-Jährigen in den idyllichen Odenwald. An die wunderschöne Gegend dort kann er sich allerdings nicht mehr erinnern – das liegt wohl daran, dass es seine Hochzeitsreise war.

An seine allererste ITB hat Karl Born folgende Erinnerungen:  Schlechte Luft an den Messeständen. Bringt nicht so viel wie allgemein kolportiert. Ich glaube nicht, dass ich mir das im nächten Jahr nochmal antue. Übrigens dachte er in den nachfolgenden 27 Jahren immer genauso.

Wo Karl Born in diesem Krisensommer Ferien macht, weiß er so früh im Jahr noch nicht – weil es ihm seine Frau noch nicht offiziell mitgeteilt hat.

Aber wohin für ihn am 10. Mai die Reise geht, das weiß Karl Born  schon seit Weihnachten ganz genau: nach Berlin. Rund um das Olympiastadion wird er beim City-Lauf den 10-Kilometer-Marathon absolvieren. Er trainiert, er trimmt sich, er joggt – ja,    verzichtet sogar auf Frau Borns herrliche Plätzchen. Nein, er wird seine Enkelkinder nicht enttäuschen. Ja, er wird das Finish erreichen. Auch dann als großer Sieger.

Lieber Karl Born, Ihnen und Ihrer Familie Gesundheit und Wohlergehen für die Zukunft. Und im Namen der Vereinigung der Deutschen Reisejournalisten meine allerbesten Glückwünsche. Ich bin absolut zuversichtlich, dass unsere Auszeichnung auch  „Ansporn für Born“ sein wird, weiterhin bissig zu bleiben. Schließlich gilt: Wer sich auf seinem Lorbeerkranz ausruht, der trägt ihn an der falschen Stelle…

Zum Finish meiner Laudatio ein Märchen aus Ihrem Buch „Abschied von der Spaßgesellschaft“, einer erfrischenden Lektüre gegen Krisengejammere und kollektive Depression:

„Wachstum ist gut, sagte der Luftballon – und platzte.
Wachstum ist schlecht, sagte der Riese – und fraß die Zwerge.
Wachstum ist gut, sagte das Feuer – und hinterließ nur Asche.
Wachstum ist schlecht, sagte der Tod – und lachte.
Ich weiß überhaupt nicht, wovon Ihr redet, sagte die Raupe –
und wurde zu einem wunderschönen Schmetterling.“

 

Rolf Noeckel

Verwandte Artikel:

  • Keine verwandten Artikel gefunden.