
Wir dokumentieren hier die Laudatio von Marina Noble für den VDRJ-Ehrenpreisträger 2025 Michael Müller bei der feierlichen Verleihung am 14. Februar 2025 in Erlangen:
Ein Bekenntnis gleich vorne weg: Ich oute mich als echter Müller-Fan! Diese Verbundenheit begann im Jahr 1989 – kurz vor dem Mauerfall – in Ungarn. Dort waren mein Mann Rainer und ich mit unserem ersten Reiseführer aus dem Müller-Verlag unterwegs. „Einfach alles, was man zur Reise ins preisgünstigste Urlaubsland Europas wissen muss“ versprach das 478 Seiten stark Buch. Es hat Wort gehalten – bei den Hotels, den Restaurants und mit vielen weiteren Tipps! Seither ist immer ein Müller im Gepäck, wenn es für unser Reiseziel einen passenden Band gibt.
Bin ich als Fan alleine? Nein, ganz und gar nicht: Zahlreiche persönliche Freunde sowie VDRJ-Kolleginnen und -Kollegen reihen sich in die Fangemeinde ein. Die Bücher sind Kult! Diese Wertschätzung hat sich auch auf der Mitgliederversammlung unserer Vereinigung Deutscher Reisejournalisten gezeigt, als wir in geheimer Wahl unseren Ehrenpreis-Träger ermittelt haben. Mit überwältigender Mehrheit ergab die Abstimmung: Der VDRJ-Ehrenpreis 2025 für „hervorragende Leistungen im Tourismus“ geht in diesem Jahr an den Verleger Michael Müller. Damit verneigen wir uns vor Dir, lieber Michael, als Verleger, Reiseführer-Autor und Pionier – ein herausragendes Lebenswerk mit vielen Facetten!
Viel Kleinkram mit praktischem Nutzwert und Blick hinter die Fassade

Dein Michael Müller Verlag, der es mit seinen rund 250 Titeln zu Zielen in Deutschland, Europa und der ganzen Welt auf eine Top-Position bei den Individual-Reiseführern geschafft hat, ist etwas Besonderes. Ein Erfolgsfaktor ist sicher das Konzept: „keine kunst- oder kulturhistorischen Höhenflüge, keine übertriebenen Demutsgesten gegenüber den vermeintlichen oder tatsächlichen Top-Sehenswürdigkeiten des Reiseziels. Stattdessen viel Kleinkram mit praktischem Nutzwert und der Versuch, einen Blick hinter die Fassade zu werfen und Atmosphärisches einzufangen.“ Mit dieser Formel ist es Dir gelungen, ein ganzes Bücher-Genre im deutschsprachigen Raum populär zu machen – dieses gab es zuvor nur international.
Wir ehren Dich als Pionier unserer Branche! Werfen wir dafür einen Blick zurück auf Deinen Lebensweg: Schon in den 1970er Jahren hast Du Dich aufgemacht, die Welt zu erkunden. Das war damals nicht so selbstverständlich und leicht wie heute. Um Deine Weltenbummler-Reisekasse zu füllen, hast Du als gelernter Automechaniker in Ecuador Mähdrescher repariert und in Neuseeland Autos gewartet. Der Verleger Martin Velbinger, den Du in Peru kennengelernt hast, wurde Dein Vorbild. Ihr habt gemeinsam recherchiert, Du lerntest die journalistische Arbeit und begannst schließlich, selbst Reisebücher zu produzieren. Das markierte den Beginn einer großartigen Karriere.
„Reise-Tips“ in Schwarz-Weiß und mit handgezeichneten Karten

Dein erster Reiseführer war Portugal gewidmet, einem Land dem Du noch heute noch ganz besonders verbunden bist. Das kleine Büchlein erschien 1979. Es hatte ein schwarz-weißes Titelfoto, die Karten waren handgezeichnet. Heute kaum vorstellbar auch die Arbeitsmittel, wie historische Fotos zeigen: Du, damals noch mit langen, blonden Locken, hast die eng gesetzten Texte mit „Reise-Tips“ für Rucksack-Touristen auf einer Kugelkopf-Schreibmaschine mit Diskettenspeicher getippt. Diese stand damals in der fränkischen Provinz, in Ebermannstadt.
Seither hat sich die Welt rasant in vielfacher Hinsicht verändert und Du bist immer mit der Zeit gegangen – eine weitere bemerkenswerte Leistung! Du hast neue technische Entwicklungen genutzt, um Deinen Verlag voranzubringen. Zunächst erleichterte das kostengünstigere Desktop-Publishing die Produktion und lieferte die Grundlage, Neuauflagen in kürzeren Intervallen auf den Markt zu bringen. Schon 2009 hat Dein Verlag an einem digitalen Reiseführer gearbeitet. Heute umfasst das Verlagsprogramm auch GPS-gestützte Wander-Führer, E-Books und Apps. Nur so gelingt es, die steigenden Anforderungen an Aktualität zu erfüllen, wie es kein gedruckter Reiseführer kann, sagst Du, und auch, dass es keinen Stillstand gebe: „Wir planen, verwerfen und planen in einer Tour“.
Viele Facetten und Qualität des Reisejournalismus
Bist Du ein Einzelkämpfer? Nein, ganz sicher nicht. Du schaffst für zahlreichen Kolleginnen und Kollegen ein Arbeitsfeld – hier in Deinem Verlag in Erlangen, gleichzeitig auch für über 80 Autorinnen und Autoren, die vor Ort die Reiseführer recherchieren. Wie schön, dass dazu auch einige unserer VDRJ-Mitglieder zählen. Auch dies verdient Anerkennung, gerade in Zeiten, in denen der Reisejournalismus vor vielen und großen Herausforderungen steht.
Reisebücher sind für viele Medienleute ein wichtiges Feld der journalistischen Arbeit und ein finanzielles Standbein. Gleichzeitig zeigen sie die vielen Facetten und die Qualität des Reisejournalismus, der in den Verlagen und der Öffentlichkeit selten große Anerkennung findet. Es braucht Neugier, Detailbewusstsein und Ausdauer beim Recherchieren unterwegs, dann Fleiß und Selbstdisziplin beim Fertigstellen des Buches. Oft fotografische Fähigkeiten und ganz zentral eine flotte Schreibe, die Dinge auf den Punkt bringt. Auch für diesen Fähigkeiten bist Du ein Vorbild.
In der „Hall of Fame“ neben Reinhold Messner und Branchen-Größen
Unser VDRJ-Ehrenpreis, den Du heute erhältst, stellt eine Bronze-Nachbildung des vermutlich ältesten Wagenrads der Geschichte dar. Sehr gerne nehmen wir Dich auf in der „Hall of Fame“ der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten. Zu der zählen bereits, um einige Beispiele zu nennen, Friedensreich Hundertwasser, Reinhold Messner, der Zukunftsforscher Horst Opaschowski sowie wichtige Vertreter der Tourismus-Wirtschaft wie Reiner Meutsch, Karl Born und Petra Hedorfer von der DZT.
Lieber Michael, wir zeichnen Dein Lebenswerk aus und damit Deinen persönlichen Weg, den Reiseführer-Verlag, das Konzept der Bücher, die ständige Weiterentwicklung, gleichzeitig Deinen Beitrag für den Reisejournalismus.
Herzliche Gratulation und auch für die Zukunft alles Gute! Möge es viele weitere Reiseführer geben zu Zielen – so definierst Du die Destinations-Auswahl – „wo sich Individualisten wohlfühlen, wo es echte Begegnungen mit den Menschen, ihrer Kultur, ihrem Essen und ihrer Geschichte gibt und wo man sich frei in der Natur bewegen kann“!