VDRJ Columbus Radiopreis 2014

Radiopreis

Gedanken der Jury zum Jahrgang 2014

Im vergangenen Jahr hat die VDRJ einmal mehr angemahnt, durchgängig bessere, spannendere und vielfältigere Beiträge auszeichnen zu wollen. Beiträge, die sich auch mal abseits der ausgetretenen Pfade bewegen. Beiträge, die sich trauen, etwas zu Neues wagen. Die gleichzeitig qualitativ hochwertigen und spannend produzierten Hörfunk-Journalismus repräsentieren. Wir wollen gute Hörfunkbeiträge als Wettbewerbseinreichungen genießen, die kurzweilig sind, informativ und vor Wortwitz nur so sprühen. Soviel zur Theorie. 35 Beiträge (12 x kurz / 23 x lang) haben die Jurymitglieder während der Vorjury über mehrere Abende hinweg in den Schlaf begleitet. (Auch wenn der eine oder andere Beitrag mehr für Albträume als für wohligen Schlummer gesorgt hat.)

Starkes Spitzenfeld

Ein starkes und engzusammenliegendes Spitzenfeld in beiden Kategorien, dann viel Luft nach unten und ganz hinten noch einmal ein Cluster an Beiträgen: das ist die Ausbeute der Wettbewerbseinreichungen. Im Übrigen haben auch dieses Jahr wieder Beiträge den Weg nicht in die Endausscheidung geschafft. Wir hätten nicht gedacht, dass solch eine Qualität tatsächlich in der heutigen Zeit noch im Radio gesendet werden darf! Acht Kurzbeiträge und neun Langfeatures hat die eigentlich sechsköpfige Jury am 26. Januar 2015 in Hamburg in der Endrunde angehört, diskutiert und bewertet. Dass sich die Vorjury am Wochenende vor dem eigentlichen Sitzungstag leider etwas dezimiert hatte, ist der Tatsache geschuldet, dass freie Journalisten heute mehr denn je auf jeden Job angewiesen sind. Und daher verständlicher Weise (leider) manchmal Prioritäten setzen müssen, die sich nicht mit einer lange geplanten Jurysitzung vereinbaren lassen.

Die Vorauswahl der Jury ist in den vergangenen Jahren notwendig geworden, weil die Zahl der eingereichten Beiträge von Jahr zu Jahr steigt. Das liegt auch daran, dass nicht mehr nur die klassischen Reiseredaktionen, sondern auch Wirtschafts-, Wissenschafts- und Politikredaktionen ihre Stücke in den Wettbewerb schicken. 2014 hat zum ersten Mal der Beitrag eines Offenen Kanals den Weg in den Wettbewerb gefunden. Was waren wir alle skeptisch, neben all den fleißigen Einreichungen der Öffentlich-Rechtlichen, und nach den heiklen Beiträgen der Privatsender vergangener Jahre diesmal einen Beitrag vom „Offenen Kanal Nordhausen“ hören zu dürfen. Ergebnis: Die Jury hat den Beitrag des jungen Kollegen Kurt Woischytzky in der Langkategorie mit dem Sonderpreis Innovation ausgezeichnet.

Innovativ und sprachlich sauber!

Es geht also! Innovativ, sprachlich sauber, mit einer richtigen Radiostimme und einer Leichtigkeit, die Ihresgleichen sucht! Ja, dass der Beitrag eines Offenen Kanals nicht die unangreifbar hochwertige Endqualität eines DLF-Features haben kann, versteht sich von selbst. Muss er aber auch gar nicht, wenn der Ansatz fesselt, die Sprache bezaubert, radiophon gespielt wird und der rote Faden einen bis zum Schluss nicht aus der Geschichte „rauslässt“.

Die spielerische Freude am Medium Radio würden wir uns von Allen wünschen: Neues zu wagen, denn: Wir sind Journalisten! Und keine Beamten oder Gralshüter ominöser Traditionen der Marke „Das haben wir schon immer so gemacht…“ Wenn es gut gemacht ist, darf es gerne auch mal frech, neu, innovativ mutig sein und beim Offenen Kanal auch noch mal „holpern“.

Ein bisschen ist es ja auch wie mit der Henne und dem Ei: Reisesendungen werden wegrationalisiert (so, wie die Freizeit auf hr4!) mit der abstrusen Begründung, dass gehobene, dem Sendeformat selbstverständlich angepasste Wortanteile im modernen Radio von heute vom Hörer nicht mehr gewollt sind. Ach ja? Ist das so? Oder ist es nicht viel mehr so, dass die öffentlich-rechtlichen Sender auf der Jagd nach der besten Quote jedem vermaledeiten Trend zur sogenannten Durchhörbarkeit hinterhereifern? Gute Beiträge – auch im Reisefunk – haben nach wie vor ihre Berechtigung, sie müssen aber auch auffindbar sein und nicht beliebig im Programmfluss versteckt. Dass bei schlechten, langweiligen und notorisch am Hörer vorbei erzählten Geschichten keiner mehr zuhören möchte, versteht sich von selbst. Aber, und das hat der Sonderpreis Innovation für den Offenen Kanal Nordhausen einmal mehr gezeigt: Gutes Radio ist auch mit einfachen Mitteln spannend und mitreißend machbar. Man muss es nur dürfen, wollen und manchmal einfach über den eigenen Schatten springen.

Das findet die diesjährige VDRJ Columbus-Radiopreis Jury: Die VDRJ-Mitglieder Rüdiger Edelmann, Holger Bernert, Holger Wetzel und Hans-Günther Meurer (Silberner Columbus 2013) sowie Christiane Zwick und Simon Kremer (beide Goldener Columbus 2013).

 

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