Mit Krieg kein Tourismus, ohne Freiheit kein Urlaub

Es fällt schwer auf die Tagesaktualität zu reagieren und theoretisch ist es auch kein Reisejournalisten-Thema per se. Aber eine Reaktion der Branche hatte ich schon erwartet. Sie blieb bisher aus.

Kommentar von Rüdiger Edelmann

 

Das, was seit heute Morgen in der Ukraine geschieht war absehbar, trotz aller Hoffnungen und diplomatischer Bemühungen. Putins Begründung zum Einmarsch, u.a. mit einer Entnazifizierung der Ukraine, ist so abwegig wie irrsinnig. Es geht um Macht, um deren Ausdehnung und um ein russisches „Zurück zu alten Zeiten“. Betroffen die Ukraine und Russland, aber auch Europa und die ganze Welt.

Blick ins Geschichtsbuch

Die Bilder und Begründungen erinnern mich an Geschichtsstunden und Verteidigungsgehabe („Seit 5 Uhr 45 wird zurückgeschossen“). Zu ähnlicher Tageszeit gab es jetzt Putins Marschbefehl, mit ähnlicher Begründung: Die Ukraine habe Russland angegriffen. Totalitäre Strukturen gleichen sich immer wieder, nicht nur wenn es um militärische Aktionen geht.

Es ist eine politisch nicht zu rechtfertigende Entscheidung, ein Verbrechen gegen Menschlichkeit und Demokratie und es ist zudem eine gefährliche Situation für die Sicherheit in der ganzen Welt. Das wiederum wird Auswirkungen auf die Wirtschaft haben und damit bin ich auch wieder zurück beim Thema, der Tourismuswirtschaft und dem Reisen.

Tourismus ist auch Wirtschaft

Die Börsenkurse rauschen in den Keller. Die Rohstoffpreise (Barrel Rohöl heute Morgen über 100 Dollar) steigen. Das wird Auswirkungen haben: Unmittelbar und mittelbar. Auch im Reise- und Transportgeschäft werden Preise steigen und Urlaub wird teurer. Die Lebenshaltungskosten werden ebenfalls steigen und die Urlaubsbereitschaft sinken lassen. Vermutlich schliddert, neben der gesamten Wirtschaft, auch der Tourismus gerade in die nächste Krise.

Wirtschaftlich betroffen sein werden auch diejenigen Anbieter, die bisher ihr Geld im Tourismus mit Russland und Osteuropa verdient haben. Man kennt das Reiseverhalten der Menschen und dieses wird auch zu weniger Reisen nach Polen, Lettland, Litauen und Estland führen.

Stellungnahme – Mangelware

Ich hatte heute in der touristischen Fachpresse zumindest eine kleine Stellungnahme zum Thema erwartet, das auch die touristische Welt mehr betreffen wird, als sich das derzeit viele vorstellen wollen. Auch die Branchenverbände schweigen bisher.

Letztlich sind auch wir, als Reisejournalisten, jetzt gefordert, wenn es um Verteidigung von Freiheit und Unabhängigkeit geht, denn genau diese Begrifflichkeiten sind auch unmittelbar mit Reisen und Tourismus verknüpft. Spätestens nach zwei Jahren Pandemielage und -notstand sollten wir das wissen. Zumindest das Schreiben darüber darf nicht vergessengehen. Ich denke: Auch eine Erinnerung auch an unsere Vereinigung.

Ende des „Happy Go Lucky“

In der angeblich so glücklichen „Tourism-Family“ sieht die Welt seit heute anders aus. Völkerverbindung und Wohlfühlgefühl haben Zwangspause. Nur mal zur Geographie: Die Ukraine ist dichter an Deutschland als Mallorca. Augen zu und durch, geht da nicht.

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2 Kommentare

  1. Ich gebe dir völlig Recht, Rüdiger. Bisher habe ich nur von Hagen Alpin Tours gehört, dass sie alle Russland-Reisen absagen. Bei tui ist nichts zu erwarten, einer der größten Aktionäre ist ja russischer Oligarch. Und bei den anderen: Heile Welt Gedudel als wäre nichts geschehen. Ich dagegen kann mich kaum dazu bringen, Texte zu schreiben, weil ich ständig in Sorge bin, neueste Nachrichten zu versäumen. Und ja, die Ukraine ist nahe. Und Putins wilde Drohungen sind nicht misszuverstehen. Wie man da business as usual im Tourismus machen mag, ist mir völlig unverständlich. Danke auf jeden Fall, dass du dich zu Wort gemeldet hast!
    Lilo

  2. Mich wundert‘s nicht, dass die Branchenzöglinge sich bedeckt halten – glauben sie doch immer wieder, dass Schweigen ein Tarnmantel sei. Irren ist unmenschlich.

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