
In Erlangen hatte sich die Vereinigung der Deutschen Reisejournalisten e. V. im Februar 2025 getroffen, um dem dort ansässigen Reisebuch-Verleger Michael Müller für seine Verdienste um den Reisejournalismus auszuzeichnen. Im Anschluss an die Preisverleihung zeigte eine Insiderin den Reisejournalisten ihre Stadt.
Es ist kalt in Erlangen, bitterkalt. Doch oben auf einem Kamin mitten in der Stadt hat ein Storch schon sein Quartier bezogen und klappert einsam vor sich hin. Und auf dem einladenden Markt am Schlossplatz schieben sich die Menschen durch die Verkaufsstände. Es ist ganz schön was los in dem Städtchen, das mit rund 123.000 Einwohnern die kleinste Großstadt Bayerns ist. Von Bayern freilich will man hier eher weniger wissen. „Erlangen ist Franken“, sagt die resolute Stadtführerin im dicken Daunenmantel.
Gisela Schütt hat sich gegen die beißende Kälte gewappnet, auch mit Mütze und gefütterten Fäustlingen. Das erklärt, warum es ihr nichts ausmacht, draußen ausführlich das geschichtliche Personal, das die Stadt prägte, Revue passieren zu lassen. Kaiser, Kurfürsten, Bischöfe, Markgrafen. Und dann noch die Witwe des Markgrafen Friedrich, Sophie Caroline, die das Markgrafenschloss zu ihrem Witwensitz erhoben hatte und das kulturelle Leben der Stadt förderte.

Sophie Carolines Ehemann, Markgraf Friedrich von Brandenburg-Bayreuth, hören wir, hatte schon 1743 die Erlanger Universität gegründet – „mit 64 Studenten und 16 Professoren und immerhin vier Fakultäten“. Ab 1769 hat Markgraf Alexander die akademische Lehranstalt weiter ausgebaut. Heute residiert die Verwaltung der nach den beiden kulturbeflissenen Markgrafen benannte Friedrich-Alexander-Universität (FAU) im Schloss. Es ist allerdings nicht mehr ganz so prächtig, wie einst, als es mit Schlosspark und Orangerie an das höfische Versailles erinnerte. Denn nachdem es bei einem Brand völlig ausgebrannt war, wurde das Schloss in vier Jahren Bauzeit ohne viel Schnickschnack wieder errichtet.
Frankreich stand auch Pate für die Architektur der barocken Planstadt, erzählt die Stadtführerin, die ihr Trüppchen dazu in die Hugenottenkirche dirigiert hat. Denn Markgraf Christian Ernst gab rund 1500 geflüchteten Hugenotten, die unter dem Sonnenkönig ihrer Rechte beraubt worden waren, eine neue Heimat – in der von ihm erträumten Planstadt. 1686 wurde der Grundstein für die Kirche gelegt, damit begann auch der Bau der Planstadt. Auch im Oval der Hugenottenkirche ist es bitterkalt. Doch Gisela Schütt kann hier unter der auffallend prächtigen Orgel von den gut ausgebildeten Handwerkern erzählen, die der Markgraf mit den flüchtigen Franzosen bekam, von Hutmachern, Strumpfwirkern und Handschuhmachern. Die markgräfliche Hilfsbereitschaft war wohl ganz und gar nicht uneigennützig, lässt sie durchblicken.

Draußen, wo sich die einst mittelalterliche Altstadt und barocke Neustadt, im Straßenverlauf gegenüberstehen, locken hübsche Lädchen, Cafés und Kneipen. Man mag kaum glauben, dass die beiden Stadtteile bis 1812 getrennte Städte mit eigener Währung waren. Und ja, man würde gern etwas länger verweilen, wenn es nicht gar so kalt wäre. Denn hier könnte man unbeschwert auf den – autofreien – Straßen bummeln, könnte sich von fein dekorierten Schaufenstern inspirieren lassen, in die versteckten Hinterhöfe spitzeln und die bunten Fassaden bewundern.
Doch so sind wir eher im Sauseschritt unterwegs und haben kaum mehr als einen Blick fürs Markgrafentheater, immerhin das älteste noch bespielte Barocktheater Süddeutschlands. Es geht kreuz und quer durch die Innenstadt bis zum Erlanger Teehaus. Hier empfängt uns wohlige Wärme, die offensichtlich auch viele Erlangerinnen und Erlanger genießen. Und siehe da: Nach einer Tasse heißen Milchkaffees und einem französischen Mandelkuchen sieht die Welt schon wieder freundlicher aus, und draußen scheint die Sonne.
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Hinweis: Die Recherche zu diesem Beitrag wurde unterstützt von Erlangen Tourismus und Marketing.
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