ITB NOW, erster Tag: viel Hoffnung, wenig Inhalt

ITB-NOW-Screenshot

Eigentlich wäre in diesen Tagen Berlin angesagt. Ein Besuch auf der Internationalen Tourismusbörse, der größten Reisemesse der Welt. Seit 1983 ist die ITB in meinem Berufsleben ein fester Termin. Ohne Unterbrechung, stets mit großer Vorfreude erwartet und dann Tag für Tag von Erschöpfung begleitet.  – Doch nach dem, der Corona-Pandemie geschuldeten, Totalausfall im Frühjahr 2020 ist auch in diesem Jahr längst nicht alles beim Alten. Ein Erfahrungsbericht. 

von Rüdiger Edelmann

Ich bin im heimischen Bett aufgewacht. Draußen fiel etwas Schnee vom Himmel. Das immerhin hat mich an die regelmäßigen Berliner Schneefälle im Lauf der Jahrzehnte erinnert. Sonst war alles anders. 

Um 8 Uhr aufstehen und trotzdem an der Eröffnungspressekonferenz um 9 Uhr teilnehmen, das hatte was. Anmelden, online gehen, denn die ITB heißt diesmal ITB NOW und wird als digitales Event angeboten. Für mich bedeutet das: Homeoffice und Bildschirm. Trotzdem stehe ich gedanklich dort, wo das was passiert, stattgefunden hätte. Wehmut? Soweit will ich nicht gehen, aber es ist fremd, komisch, seltsam und ungewohnt. So ungewohnt, dass ich kein Bedürfnis entwickle, mich daran zu gewöhnen.

Erkenntnisse

Die Frage, ob neue Erkenntnisse warten, wird im Lauf der Eröffnungs-Pressekonferenz schon beantwortet: Nein!

Alle wollen reisen, keiner darf. Der globale Reisemarkt ist im vergangenen Jahr um 57 Prozent eingebrochen und niemand weiß, wann sich die Lage verbessert. Hatte die Reisebranche vor zwölf Monaten gehofft, dass die Pandemie um diese Zeit lange vorbei sein würde, resümiert sie jetzt erschreckende Zahlen. Minus 20 bis minus 40 Prozent werden von Euromonitor prognostiziert. Die Zeit bis zu einer Normalisierung und Erholung der Reisewirtschaft wird auf drei bis fünf Jahre geschätzt. 

Aufhorchen lassen auch die Zahlen von Statista: 70 Prozent der Deutschen, Amerikaner oder Chinesen wollen verreisen. Die Zielbedürfnisse gleichen denen der Zeit vor der Pandemie. Ungünstig ist nur: sie dürfen oder können nicht. Und ein Viertel der Befragten ist an Reisen derzeit auch gar nicht interesssiert. 

Hoffnung des Jahres, sagt der DRV, sei ein Geschäft, das etwa 50 % des Umsatzes von vor zwei Jahren ausmacht. Erste Öffnungen zu Ostern stehen im Raum. An ein wirkliches Durchstarten glaubt man jedoch erst im Sommer. Die TUI wagt zu den Ostertagen Mallorca ins Angebot zu nehmen. Aber was ist mit Risikogebieten, Hochinzidenzländern und Mutationsregionen? Wird die Zahl der Urlaubstage reichen, um sich nach einer Woche Strand noch zehn Tage heimische Quarantäne leisten zu können? 

Ob das Credo „Impfen – Testen – Ende der Stigmatisierung“ die Misere richten kann? So recht mag niemand daran glauben. Vor allem nicht im Hinblick auf Impffortschritte und der Verteilung der ersten knappen Selbsttests. 

Normalbetrieb und Restart

Draußen regnet es inzwischen. Ich denke darüber nach, warum ich mir in den Jahren der Präsenz-ITB, Pressekonferenzen immer erspart habe. 

Verlautbarungen und Attraktionsaufzählung sind bereits nach drei Stunden digitaler ITB NOW fest mit einem Wort verbunden: Hoffnung. Ich kann es nicht mehr hören. Hoffnung auf Öffnung, Hoffnung auf Verbesserung, Hoffnung auf Restart, Hoffnung auf: irgendwie auf alles. Termine dafür gibt es keine. Wie auch? Wer sollte die nennen?

Da wirken Kulturfestivals, regionale Seen, Baumwipfel-Pfade, barrierefreie Seebrücken und schwebende Plattformen über der Kreideküste irgendwie aus der Zeit gefallen. Das Öffnungsszenario scheint überall geplant. Das Hygienekonzept ist fertig. Nur wem nutzt das, so lange niemand weiß, wann es so weit sein kann?

Kleinode

Ich halte weiter durch. Entdecke in einer Präsentation zum Thema Nachhaltigkeit doch noch Kleinode. Nordamerika ist gesperrt, Griechenland Risikogebiet, aber das Saarland ist nachhaltig zertifiziertes Reiseziel. Geschäft machen lässt sich dort trotzdem keins. 

Als ich Schmilka entdecke, einen mir bislang unbekannten Ortsteil von Bad Schandau an Sachsens Grenze zu Tschechien, kommt doch noch so etwas wie Begeisterung auf. In dem winzigen Kleinod ist alles BIO, dank regionaler wirtschaftlicher Kreislaufketten. Die ortsansässigen Akteure halten zusammen und das auch im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit ihrer Betriebe. Preise sind Preise und nicht verhandelbar, denn auch mit nachhaltigem Tourismus muss Geld verdient werden. Weil es außerdem noch schön aussieht, wird Schmilka so etwas wie meine „Reisehoffnung“ des Jahres 2021. 

Und nun habe es doch geschrieben: Hoffnung. Aber worüber sollten wir auch reden auf dieser ungewöhnlichen, anderen und hoffentlich für alle Zeiten einzigartigen ITB NOW. 

Bio- und Nationalparkrefugium Schmilka – Mühlenhofensemble © Bio- und Nationalpark Refugium Schmilka – Fotograf Torsten Rogge.jpg.jpg

Sachsen ist offizielle Kulturdestination der ITB Berlin 2021 und Gastland der ITB Berlin 2022

Es ist eine Premiere: Sachsen ist zur „Offiziellen Kulturdestination der ITB Berlin 2021“ berufen und wird ein Jahr später Gastland der weltweit größten Reisemesse sein. Mit dem Titel ist die Möglichkeit verbunden, auf Sachsen als Kultur- und Städtereiseziel von Weltrang in Kombination mit unverwechselbaren Naturerlebnissen aufmerksam zu machen.

Damit bietet die ITB NOW dem nationalen und internationalen Fachpublikum einen Vorgeschmack auf 2022, wenn Sachsen dann offizielles ITB-Gastland sein wird. Ursprünglich war dieser Status bereits für 2021 geplant.

Die aktuelle ITB NOW ist also von zahlreichen Veranstaltungen der Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen mbH (TMGS) geprägt, die damit Einblicke in Sachsens reiches Kulturangebot geben.

Landschaftliche Schönheit, bedeutende Kunst und Kultur, weltberühmtes Traditionshandwerk und moderne Manufakturen liegen in den sieben sächsischen Reiseregionen dicht beieinander. Die Musiklandschaft sucht deutschlandweit ihresgleichen. Prächtige Schlösser, Burgen und Gärten zählen zum großen kulturhistorischen Erbe. Sachsen beeindruckt zudem mit historischen Dampfeisenbahnen und Automobilbaugeschichte.

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