Skurrile Ideen, ein Blick in die Zukunft und viel Euphorie: Das sind die diesjährigen Gewinner der Columbus-Autorenpreise
von Mona Contzen
Auch das Reisejahr 2021 war von der Pandemie geprägt, obwohl das Reisen wieder möglich war. Jenseits von Reportagen aus Sierra Leone, Hawaii oder Namibia hatte der ein oder andere Lockdown seine positiven Begleiterscheinungen: Vielerorts eroberte die Natur Räume zurück, vermeintlich Unspektakuläres begeisterte vor der eigenen Haustür, manch einer wagte gar eine Impfreise nach Russland. Der Lust aufs Reisen jedenfalls konnte Corona zum Glück nichts anhaben – das zeigen die eingereichten Wettbewerbsbeiträge für die VDRJ Columbus-Autorenpreise 2021.
Im Gegenteil: Ausgezeichnet und mit Reisegutscheinen unseres Sponsors Gebeco prämiert werden in diesem Jahrgang eine als Roadtrip getarnte, wortgewaltige Liebeserklärung ans Unterwegs sein an sich, ein origineller Blick in die Zukunft des Tourismus und ein skurriles Experiment in recht abenteuerlosen Zeiten.
Euphorie des Reisens
Der Preis für die Beste Reportage geht an Dimitrij Kapitelman, der für Die Zeit einen Roadtrip durch Europa unternahm, um festzustellen: „Schön ist die Welt“. Was sich für den Autor nach einem langen Lockdown-Winter voller Angst und isolierter Vorsicht so abenteuerlich wie eine Mondreise anfühlte, transportiert für den Leser die ganze Euphorie des Reisens. Eine Reportage mit literarischer Finesse, viel Humor und feinen Beobachtungen, die einfach Lust auf die Welt macht.
Replikatourismus als Lösung?
Der Preis für die Besondere journalistische Leistung geht an Barbara Klingbacher, die für NZZ Folio der Frage nachgegangen ist, ob die Zukunft des Reisens in der Kopie liegt. Ein zweites Machu Picchu, ein zweites Venedig, in dem Touristen Casanova als Hologramm begegnen? Die Idee, dem Problem des Overtourism einen neuen Replikatourismus entgegenzustellen, klingt absurd – bis Klingbacher die nachgemachten Steinzeitmalereien von Lascaux besucht. Mit hohem Rechercheaufwand trägt die Autorin originelle wissenschaftliche Ansätze zusammen und nähert sich in einer klugen Mischung aus Essay, Reportage und Gesprächen einem Phänomen, das uns beim Reisen von morgen noch beschäftigen wird.
Abenteuer per E-Roller
Mit dem Nachwuchspreis für junge Autoren wird Maximilian König ausgezeichnet. Für die Wochenzeitung Die Zeit stieg er in Hamburg auf einen E-Roller und fragte sich: „Komm ich damit nach Berlin?“ Schon mit der skurrilen Idee sammelte der Autor Punkte bei der Jury: Er stürzt sich in ein Abenteuer vor der Haustür in dieser abenteuerlosen (Pandemie-)Welt und erzählt davon so unterhaltsam, dass vier Tage und 306 Kilometer wie im Flug vergehen.
Die Autorenpreis-Jury 2021
- Barbara Liepert, FAZ/FAS
- Merten Worthmann, DIE ZEIT
- Alicia Kern, Gebeco
- Antje Blinda, Spiegel Online
- Philipp Laage, freier Journalist
- Wolfgang Stelljes, freier Journalist
- Hansjörg Falz, Merian
- Tanja Neumann, Vielweib on Tour
- Heidrun Braun, freie Journalistin
- Mona Contzen, Geschäftsführerin VDRJ
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